Von Erika Löffel

Bergedorf.
Es ist ein ungewöhnlicher Wechsel, der sich an der Fußgängerzone schräg gegenüber von St. Petri und Pauli ankündigt: Nach drei Jahrzehnten im uralten Fachwerkhaus schließt Ende Juni das Bekleidungsfachgeschäft "Frau Holle" für immer. Als Nachfolger steht die "Trauerlichtung" bereits in den Startlöchern.

Dass so erstmals ein Bestatter mitten in Bergedorfs City zieht, liegt an den Eigentumsverhältnissen: Claudia Bartholdi betreibt sowohl den Naturmoden-Spezialisten "Frau Holle" samt angeschlossenem Kunstgewerbe-Lädchen "Das Räuchermännlein" als auch die "Trauerlichtung". Es tue ihr weh, sagt Bartholdi auf Nachfrage unserer Zeitung, aber in Bergedorf sei es schwierig, mit derart besonderem Sortiment zu existieren: "Die meisten Leute schätzen ausgefallene Stücke von hoher Qualität kaum. Sie kaufen lieber billig." Das gelte sogar für die exklusiven Einzelstücke des angeschlossenen Second-Hand-Shops, weshalb auch der keine Zukunft mehr hat. Überleben wird lediglich der Kunstgewerbe-Experte "Das Räuchermännlein", der sich die Räume künftig mit dem Bestattungsinstitut teilt.

Das Erstaunen über den Einzug der "Trauerlichtung", die Claudia Bartholdi seit zehn Jahren auf winzigen 15 Quadratmetern an der Bergedorfer Schloßstraße betreibt, kann sie nicht nachvollziehen: "Der Tod ist kein Tabu", betont sie, die neue Adresse an der Fußgängerzone also letztlich ein Beitrag, das Thema mitten ins Leben zu holen. Gleich nach Abschluss des Räumungsverkaufs beginnt im Juli der Umbau. Der Eingang an der Stirnseite des Hauses führt später in den Shop "Räuchermännlein". Als Mitglied im Verbund Erzgebirgischer Kunsthandwerker will Claudia Bartholdi weiterhin für ein Sortiment sorgen, in dem zu allen Jahreszeiten besondere Geschenke und Sammlerstücke angeboten werden.

Durch den Seiteneingang des Gebäudes gehen dann Menschen, die nach dem Verlust geliebter Angehöriger das Gespräch mit der Inhaberin der "Trauerlichtung" suchen.

Zurzeit läuft im Modegeschäft an der Alten Holstenstraße 84 der Räumungsverkauf auf Hochtouren. Auf Einzelstücke gibt es Rabatte bis zu 70 Prozent.

Dass derart geschäftiges Treiben künftig außerhalb der Hauptsaison für Kunstgewerbe eher selten werden dürfte, mag manchen Bergedorfer betrüben. Beim Blick in die Geschichte des Hauses findet sich aber zumindest dem Namen nach eine Art Vorgänger der künftig persönlich-vertraulichen Nutzungsart: Als die Brauerei und Brennerei F. C. Röhmer hier im 19. Jahrhundert eine Gaststube einrichtete, entstand auch ein kleiner, schmaler Raum mit langer Bank und Tisch, der gern für vertrauliche Gespräche genutzt wurde. Im Volksmund hieß er "Der Beichtstuhl".