Von Ulf-Peter Busse

Bergedorf/Veddel.
Thomas Schütt hat sich taufen lassen, mit 46 Jahren. Einfach so, ohne konkreten Anlass wie etwa eine bevorstehende Hochzeit, hat er sich Pfingsten beim Gottesdienst der Veddeler Immanuelkirche feierlich zum christlichen Glauben bekannt - getauft vom ehemaligen Neuallermöher Pastor Andreas Kalkowski. "Viele Freunde schauen ungläubig, wenn ich ihnen davon erzähle", sagt Schütt, der als Reporter bei unserer Zeitung arbeitet.

Tatsächlich hat er vollzogen, was seit dem Jahr 2000 ein Trend ist. Zahlen der Nordkirche zeigen, dass der Anteil jugendlicher und erwachsener Täuflinge von 15 auf 18 Prozent gestiegen ist. Nach den Worten von Andreas Baldenius (St. Petri und Pauli) stammen viele aus kirchenfernen Elternhäusern. Mit 25 oder mehr Jahren haben sie das wachsende Bedürfnis, starke Gefühle wie Trauer oder Freude mit jemandem teilen zu wollen.

Für Thomas Schütt ist es auch Tage nach der Taufe ein konsequenter, unumgänglicher Schritt gewesen: "Ich bin in die Kirche meiner Freunde eingetreten. Wären das Muslime oder Katholiken gewesen, es hätte das auch deren Kirche sein können. Ich habe mich einfach dazu bekannt, dass es einen Gott gibt - oder vielleicht auch nur einen Sinn in unserem Handeln. Jeder Mensch hat eine Aufgabe, er muss nur bereit sein, sie zu erkennen und mit wem gemeinsam er sie bewältigen kann."

Noch vor wenigen Monaten ahnte der gebürtige Thüringer nichts davon, dass er sich taufen lassen würde. In Suhl zu DDR-Zeiten aufgewachsen, hatte er mit Kirche nichts zu tun: "Ich hielt sie für ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten." Entsprechend ungläubig schaute er, als ihn 2014 eine Freundin zwar lobte für sein großes Engagement in Hilfsprojekten wie für die Überlebenden des Schulmassakers im tschetschenischen Beslan oder die vom Krieg gebeutelten Ukrainer. Dann aber fragte, warum er ein Samariter sei, doch sich dazu nicht bekenne. Auch Pastor Kalkowski, mit dem ihn eine Freundschaft verbindet, fragte: "Warum lehnst Du die Kirche ab, obwohl Du dich gottesfürchtig verhältst?"

Es dauerte noch einige Wochen, bis jene Überzeugung reifte, die er Andreas Kalkowski im März beim Treffen in der Kneipe zurief: "Ich habe eine Überraschung für Dich! Ich will getauft werden!"

Was folgte, waren lange Gespräche zwischen beiden, der Pastor brachte Lektüre mit, wie das erste Buch Mose, den 23. Psalm, das Glaubensbekenntnis. "Ich habe das alles gelesen", sagt Thomas Schütt, "aber ich verstehe die ganze Bibel nicht als dogmatische Schrift, sondern als Ansammlung sehr alter Geschichten, die zum Nachdenken anregen, vielleicht zum Handeln."

Für ihn ist die Taufe nur ein Anfang gewesen: "Ich werde jetzt öfter in der Kirche sein." Er wolle mehr hören und verstehen davon, was er bisher nur erahne: dem göttlichen oder besser dem sinnvollen Prinzip des Handelns.