Lohbrügge
(cn).
Thorsten Böttcher ist besorgt: "Immer weniger Kinder lernen verkehrssicher Fahrradfahren", berichtet der 52-Jährige - und er muss es wissen. Denn Böttcher ist Polizeiverkehrslehrer in Bergedorf, bringt Grundschülern die Verkehrsregeln bei und bereitet sie mit Übungsfahrten auf den sogenannten "Fahrradführerschein" am Ende der vierten Klasse vor.

Doch längst nicht mehr alle Schüler nehmen an dieser Prüfung teil und viele Teilnehmer fallen zudem durch. "Einige Kinder haben gar keine Fahrräder oder diese stehen mit platten Reifen im Keller und niemand kümmert sich darum, diese zu reparieren", weiß der Polizist.

Er konstatiert nicht nur die mangelnde Kenntnis von Vorfahrtsegeln oder Bestimmungen zur Verkehrssicherheit. "Gut zehn Prozent der Schüler fallen wegen motorischen Defiziten durch. Manchmal kann gar die Hälfte der Schüler einer Klasse auf dem Fahrrad nicht die Balance halten."

Die Kinder könnten zwar ohne Schwierigkeiten die Jugendschutzsperren von Pornoseiten oder Gewaltspielen am Computer überlisten, wären aber nicht mehr in der Lage, sicher auf einen Baum zu klettern. Böttcher: "Das ist ein gesellschaftliches Problem".

Was das Fahrradfahren angeht, so will der Polizeiverkehrslehrer gemeinsam mit der Grundschule Mendelstraße nun aktiv gegensteuern, einmal pro Woche Nachhilfe im sicheren Radeln anbieten. Dafür stehen im neuen "Fahrradclub" bereits zwölf verkehrssichere 20 und 22-Zoll-Räder bereit.

Der Schulverein hat bei der "Aktion Unfallhilfe" und der Volksbank Bergedorf Spenden für Fahrradhelme und Verkehrszeichen-Aufsteller eingeworben. "Damit wollen wir im geschützten Raum auf dem Schulhof Verkehrssituationen nachstellen und sicheres Fahren trainieren.", erläutert Böttcher. Aber auch Fahrrad-Flicken und andere kleine Reparaturen sollen die Schüler im Nachmittagsangebot lernen. "Auch als Vorbild und Signal an die Eltern", sagt Böttcher.

Nach ähnlichen, erfolgreichen Projekten der Adolph-Diesterweg-Schule und am Friedrich-Frank-Bogen ist die Grundschule Mendelstraße die dritte Schule im Bezirk, die organisiert Fahrrad-Nachhilfe anbietet. "Die Teilnahme ist freiwillig. Aber Herr Böttcher wird gezielt Kinder mit Förderbedarf ansprechen", erklärt Schulleiterin Gabriele Bonschenk.

Sie rechnet mit einer großen Nachfrage. "Wir wollen das Angebot noch ausbauen", sagt Jutta Böttcher vom Schulverein: Für weitere verkehrssichere Kinderfahrräder und eine Verkehrslandschaft auf dem Schulhof sucht sie noch Spender. "Das Aufmalen der Straßenmarkierungen kostet etwa 1000 Euro."

Das Ziel an der Schule Mendelstraße ist klar abgesteckt: "Wir wollen die Schüler im Vorfeld so fit machen und ausreichend Leihfahrräder anbieten, dass wir zum Fahrradführerschein keinen mehr zurücklassen müssen", sagt Gabriele Bonschenk.