Von Gerrit Pfennig

Bergedorf.
Vor dem Amtsgericht Bergedorf ist ein Drogenprozess geplatzt, weil die Polizei viele Fehler bei den Ermittlungen und der Dokumentation gemacht hatte (wir berichteten). Ein Einzelfall? Die Staatsanwaltschaft findet deutliche Worte: Die Beamten hätten unbedingt einen Eil-Staatsanwalt einschalten müssen.

Dreh- und Angelpunkt des Prozesses war die Frage, ob die Wohnungsdurchsuchung, bei der die Drogen gefunden worden waren, überhaupt zulässig war. So hatten die eingesetzten Beamten keinen Durchsuchungsbeschluss erwirkt. Sie beriefen sich auf den Kriminaldauerdienst, der via Telefon auf "Gefahr im Verzug" erkannt habe.

"Gefahr im Verzug ist ein absoluter Ausnahmefall", betont hingegen Oberstaatsanwalt Carsten Rinio. Es gebe rund um die Uhr Bereitschaftsdienste von Staatsanwaltschaft und Gericht. Rinio: "Wenn man zehn Minuten Zeit hat, ist man verpflichtet, dort anzurufen."

Zudem kritisiert der Oberstaatsanwalt die Angaben des Dauerdienstbeamten. Er hatte ausgesagt, dass er in solchen Fällen keine Zeit habe, einen Staatsanwalt zu kontaktieren. In diesem Fall "obliegt die Dokumentation der Gründe, weshalb Gefahr im Verzug angenommen wird, der Polizei", so Rinio. Und: Nur wenn dies zweifelsfrei niedergeschrieben und dargelegt werde, könne eine Anklage Erfolg haben.

Muss die Staatsanwaltschaft massenweise Ermittlungen einstellen und sich mit erfolglosen Prozessen zufrieden geben, weil die Polizisten nachlässig arbeiten? Dazu äußert sich der Oberstaatsanwalt schmallippig - eine entsprechende Statistik führe man nicht. In Fällen wie diesem bereiten handwerkliche Fehler große Probleme. Rinio: "Wenn es um Betäubungsmittel geht, und die Beweise, also die gefundenen Drogen, nicht gerichtsverwertbar sind, stehen sie schnell mit leeren Händen da."

Im Prozess vorm Amtsgericht Bergedorf hatte sich ein 33-Jähriger erfolgreich gegen einen Strafbefehl wegen "Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zur Wehr gesetzt - es ging um 32,4 Gramm Marihuana, die die Polizei am Karlshof beschlagnahmt hatte. Das Verfahren wurde eingestellt - die Ermittlungen wiesen zu viele Fehler auf: So wurde nicht zweifelsfrei geklärt, ob dem Angeklagten das Rauschgift gehörte - oder einem zweiten Mann in der Wohnung.