Von Harry Grunwald

Bergedorf/Hamburg.
"Mama, lauf weg!". Die Warnung des 13-jährigen Daniel nützte seiner Mutter Nadica D. nichts. Wie besessen stach Daniels Vater Dejan S. (41) mit einem Messer auf die 36-Jährige ein. Daniel versuchte, seinen Vater festzuhalten und konnte ihn schließlich gegen ein geparktes Auto drücken, seine schwer verletzte Mutter rettete sich in einen Laden. Im Boberger Krankenhaus musste sie notoperiert werden. Auch Daniels drei jüngere Geschwister (zehn, sechs und drei Jahre alt) mussten das blutige Drama auf der Straße Reetwerder mit ansehen (wir berichteten). Gestern verurteilte das Hamburger Landgericht den Messerstecher wegen versuchten Totschlags zu vier Jahren Freiheitsstrafe.

Mit der Bluttat endete ein jahrelanger Streit, bei dem es vor allem um das Sorgerecht für die Kinder ging. Dejan S. und Nadice D. stammen beide aus Montenegro und waren nach Roma-Art verheiratet. Wenn der Mann zu viel getrunken hatte, schlug er seine Frau. Als sich die Gewalt-Übergriffe häuften, warf sie ihn aus der gemeinsamen Wohnung. Ihre Anwältin erwirkte beim Amtsgericht Bergedorf einen Beschluss, nach dem Dejan S. einen Mindestabstand von 500 Metern von ihrer Wohnung halten musste.

"Ich konnte die Trennung von den Kindern nicht ertragen", hatte Dejan S. nach der Tat bei der Polizei und später vor Gericht gesagt. Tatsächlich hatte seine Ex-Frau Besuche der Kinder bei ihrem Vater konsequent unterbunden. Ein "Roma-Rat" aus Freunden und Verwandten der Familie hatte schließlich entschieden, dass Nadice D. Besuche der Kinder bei ihrem Vater erlauben sollte, sie aber hielt sich nicht daran. Dejan S. bat das Bergedorfer Jugendamt um Hilfe, die Behörde war aber nicht zuständig.

"Das alles muss für Sie sehr kränkend und schmerzhaft gewesen sein, Ihre Tat bleibt dennoch ein durch nichts zu entschuldigendes Verbrechen", hielt die Vorsitzende Richterin Petra Wende-Spors dem Angeklagten in der Urteilsbegründung vor. "Damit haben Sie genau das verhindert, was Sie unbedingt erreichen wollten, nämlich Ihre Kinder öfter zu sehen."

"Die Trennung von den Kindern konnte ich nicht ertragen" Angeklagter Dejan S. nach der Tat