Von Thomas Voigt

Bergedorf.
Als Rektor Georg Friedrich Ritter im Alter von 79 Jahren seinen letzten Atemzug tat, befand sich der Bergedorfer Friedhof noch auf dem Gojenberg bei der heutigen Kirche St. Michael. Wir schrieben den 6. Oktober 1879, und der Bergedorfer Schul- und Chorleiter fand hier seine letzte Ruhe. Etwa 130 Jahre stand sein Grabstein unweit des Geesthangs zur Landstraße zwischen Hamburg und Berlin, der Bundesstraße 5. Dann kippte er um.

Im Alter von 38 Jahren hatte Rektor Ritter, nach dem heute eine Straße im Stadtteil Bergedorf-Süd benannt ist, die Bergedorfer Liedertafel gegründet. Der Männerchor besteht noch heute mit 36 aktiven Sängern und etwa 20 weiteren Mitgliedern. Der Stimmführer des ersten Tenors Wolf Rüdiger Rust gehört zu den Chorsängern, die das Gedenken an den einstigen Chorgründer stets gepflegt haben.

"Nur wenige Monate nachdem der Stein gefallen war, war er verschwunden", berichtet Rust. "Das war noch lange, bevor auf dem Grab ein Mehrfamilienhaus gebaut wurde." Der Sangesbruder fragte beim Bezirk in der Gartenbauabteilung nach. Die Antwort war Kopfschütteln und Achselzucken. Auch die Mitarbeiter im damaligen Gartenbaustützpunkt direkt am alten Friedhof gaben sich ahnungslos.

Um so freudiger überrascht waren die Sänger der Liedertafel, als der Grabstein drei Jahre später wieder auf der Wiese stand - gleich an der gegenüberliegenden Wegseite des inzwischen fertiggestellten Wohnhauses. "Allerdings stellte sich bald heraus, dass dieser Platz nicht gerade optimal war", beschreibt der Tenor-Chef. Denn genau dort auf die Wiese gehen die Hundehalter mit ihren Lieblingen immer Gassi."

Wolf Rüdiger Rust zog nun Bergedorfs Grünchef Wolfgang Charles hinzu, fragte nicht lange, warum und wo das steinerne Monument so lange verschollen war. Sondern bat um einen schöneren und würdevolleren Platz. Der war schnell gefunden - einen Steinwurf entfernt vor einer kleinen Baumgruppe mit Rhododendron-Büschen. Dorthin ließ Charles das Grabmal versetzen, die Sänger der Liedertafel richteten ein Grabbeet mit Bornholm-Margeriten und Bodendeckern her und unterzogen den verwitterten Stein einer Generalüberholung. "Wir haben ihn mit Soda und einer Wurzelbürste vorsichtig entmoost und mit schwarz glänzender Steinfarbe die Inschrift nachgezogen", sagt Vereinssprecher Bernhard Pufahl. Noch nicht entziffert ist eine kleine, kaum noch erhaltene Inschrift ganz unten am Stein. "Das bekommen wir aber noch heraus", sagt Wolf Rüdiger Rust, der sich fest vorgenommen hat, das junge Grabmal des alten Bergedorfers zu hegen und zu pflegen.