Von Bettina Biester

Bergedorf.
Auf diesen Tag haben die Mitglieder des Vereins Tampen zwei Jahre lang gewartet. Jetzt ist es endlich soweit. Am Sonntag, 10. Mai, um 11.30 Uhr wird ihr Boot, die Tampen I, auf dem Serrahn in Bergedorf getauft. Es ist ein venezianisches Wassertaxi, vermutlich das einzige in ganz Hamburg - und das Herzstück ihres Vereins.

"Als wir das Boot vor etwa zwei Jahren übernahmen, war es ein Wrack", erinnert sich der Vorsitzende Helmuth Kircher. Doch beirren ließ er sich davon nicht. Gemeinsam mit ein paar Mitgliedern des extra dafür gegründeten Vereins brachte er das Kajütboot auf der Werft Neuengamme auf Vordermann. Mehr als 1000 Arbeitsstunden steckten sie in ihren Traum, tauschten Holzplanken aus, schweißten Wandungsbleche neu, überholten den Motor. Das Ergebnis: ein Prachtstück von einem Wassertaxi aus Stahl und Mahagoni, wie es auch auf den Kanälen Venedigs zu finden ist.

Herzstück des 8,5 Meter langen und 2,5 Meter breiten Bootes ist sein Motor - eine original 30-kW-Dieselmaschine der Marke Borgward. "Ganz genau können wir die Geschichte dieses Bootes mitsamt seinem Motor nicht rekonstruieren", sagt Freizeitkapitän Wolf-Rüdiger Rust, genannt "Captain Rüdi". Wahrscheinlich habe der Firmenchef des einst so populären Autoherstellers das Wassertaxi 1960 nach Bremen geholt und es mit seinem einzig wassertauglichen Motor bestückt (siehe Kasten). "Das macht das Boot zu etwas ganz Besonderem", betont "Captain Rüdi" nicht ohne Stolz.

Noch liegt die Tampen I an einem versteckt gelegenen Anleger in Rothenburgsort. Am Sonntag soll sie ihre große Reise nach Bergedorf antreten, wo sie im Kreise von Mitgliedern, Freunden und Sympathisanten getauft wird. "Alle sind willkommen, es gibt Musik unseres ebenfalls neu gegründeten Chores. Und auch für Getränke ist gesorgt", kündigt Kircher an. Kinder können auf einem kleineren Boot eine Runde über den Serrahn fahren.

Wo die Tampen I danach festmachen wird, ist noch unklar. Der Verein ist händeringend auf der Suche nach einem geeigneten Liegeplatz. "Er sollte im Raum Bergedorf sein, weil auch viele Mitglieder aus der Ecke kommen", betont der 71-Jährige.

Wenn ein neuer Heimathafen gefunden ist, soll die Arbeit des Vereins so richtig losgehen. Die Mitglieder haben sich der Pflege der maritimen Tradition und der dazu gehörenden Kunst und Kultur verschrieben - und zwar nicht nur auf dem Wasser, sondern auch an Land. Außer Törns mit der Tampen I sind Fahrradtouren durch den Hamburger Hafen, Theater- und Museumsbesuche geplant.

Um auch die jüngere Generation an das maritime Leben heranzuführen, hält der Verein zudem drei kleinere, elektrisch betriebene Boote bereit. Motorenkunde und handwerkliches Geschick sollen so gefördert werden - passend zum Slogan des Vereins: "Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Weitertragen der Flamme."