Bergedorf
(he).
Die Maikundgebung in Bergedorf hat dieses Jahr einen besonderen Charakter. Die Themenpalette ist breit wie selten. Sie reicht von wachsender Armut und prekärer Beschäftigung über Flüchtlingspolitik sowie Griechenlandkrise und endet noch nicht beim Ukraine-Konflikt sowie dem breiten Nein der Deutschen zum TTIP-Freihandelsabkommen zwischen EU und USA. Andererseits steht der 70. Jahrestag des Kriegsendes 1945 kurz bevor. "Wir feiern den 8. Mai, den Tag der Befreiung, bereits am 1. Mai", sagt Ernst Heilmann, Chef des DGB Bergedorf.

An die Demo vom Lohbrügger Markt (Start 10 Uhr) und die Maikundgebung im Rathauspark (11 Uhr) schließt sich ein Fest an. "Interkulturell und kein bisschen leise" feiern die Bergedorfer mit Life-Musik und Folklore das Ende des Zweiten Weltkriegs, das Ende von braunem Terror, Rassenwahn und Völkermord.

Bis das Fest im Rathauspark gegen 13 Uhr startet, sorgt traditionell die Kult-Band "Rock die Straße" für musikalische Farbtupfer auf der Maikundgebung. Nach einem Grußwort von Bezirksamtsleiter Arne Dornquast und noch bevor ein Sprecher von Fluchtpunkt Bergedorf und der Landesvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Klaus Wiecher, sprechen, übernimmt Heilmann.

Bergedorfs DGB-Chef will dabei die fortschreitende Spaltung in Deutschland anprangern und die wachsende Gefahr, nach Arbeitsplatzverlust keine reguläre Beschäftigung mehr zu finden. "70 Prozent der Betroffenen landen nach einer neuen Studie in Armut. Der Weg aus Arbeitslosigkeit, prekären Beschäftigungsverhältnissen und Leiharbeit führt später dann fast unweigerlich in Altersarmut."

DGB-Vorstand Marit Pufahl kritisiert aktuelle Auswüchse in Deutschland: "Das geht soweit, dass Langzeitpraktikanten aufgefordert werden, sich als Scheinselbstständige zu bewerben, um den Mindestlohn zu umgehen."

Als hochkritisch wertet Heilmann auch die wachsende Spaltung der EU. "Reicher Norden gegen armen Süden gefährdet dauerhaft den Bestand der Union. Was wir brauchen, ist ein ehrgeiziges Investitionsprogramm, um die Wirtschaft in den südlichen Ländern wieder anzukurbeln." Argumente wie die, es mangele an Geld, Reformwillen und gewinnbringenden Projekten, weist Heilmann zurück. "Es ist genug Geld da. Statt es weiter im Bankensystems zu versenken, es ihnen für weltweite Spekulationen zu überlassen, müssen wir dafür sorgen, dass das Geld zielgerichtet eingesetzt wird."

Die EU brauche eine Institution wie die KfW, eine Investitionsbank für Europa: "Europa muss dafür sorgen, dass das Geld in richtige Investitionen fließt. So können mit der notwendigen Verbesserung der Infrastruktur europaweit Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze gefördert werden."

"Reicher Norden gegen armer Süden gefährdet dauerhaft die EU." DGB-Chef Ernst Heilmann