Von Gerrit Pfennig und Carsten Neff

Bergedorf.
"Jurek war das? Das darf doch nicht wahr sein!" Die Nachricht, dass Jerzy Polewaczyk (Spitzname "Jurek") der Tote vom Bille-Wanderweg ist, schlug bei den Trinkern und Obdachlosen am Schleusengraben vor Kaufland wie eine Bombe ein. Hier traf sich der 51-Jährige regelmäßig mit seinen Kumpels, man trank und feierte gemeinsam. Den Tod des Weggefährten betrauern alle, Jerzys Sohn Tomek (28) traf es am härtesten - er erfuhr gestern erst durch Zufall von der grausamen Bluttat an seinem Vater.

Polewaczyk kam vor mehreren Monaten aus Polen nach Hamburg, er folgte seinem Sohn und dessen Ehefrau (21). Das Paar wohnt in Lohbrügge-Nord, hat eine kleine Tochter (17 Monate). Während sie eine feste Bleibe haben, hangelte sich der Vater und Großvater durch. Bis vor einigen Wochen wohnte er bei einem älteren Ehepaar, dann flog er wieder hinaus, weil sich Nachbarn über den nicht angemeldeten Untermieter beschwerten. Zuletzt lebte er in Lohbrügge auf der Straße. Doch am Rande des Bille-Wanderwegs, wo ein Radfahrer am Dienstag seine Leiche fand, hatte er einen sicheren Unterschlupf. Wann immer es ging, schlief er in einer verlassenen Holzhütte in einem Garten, ganz in der Nähe des Fundorts.

An die Hütte kann sich auch "Krys" (37) erinnern. Er ist ein guter Bekannter des 51-Jährigen, traf ihn oft vor Kaufland am Schleusengraben. "Er wollte am Montag einem Kollegen auf dem Bau helfen, kam aber nicht", so der 37-Jährige. Dabei hält er den Haftbefehl in den Händen, der vor einer Woche gegen Polewaczyk wegen des Verdachts des sexuellen Kindesmissbrauchs ausgestellt worden war. Am vergangenen Donnerstag kam er wieder frei. Das siebenjährige Opfer identifizierte ihn nicht, er saß möglicherweise unschuldig vier Tage in Haft.

"Er hat das nicht gemacht", ist sich "Krys" ganz sicher. So sehen das auch die anderen Kumpels: Sie alle sind überzeugt, das der Pole niemandem etwas angetan hat. "Er war ein feiner Kerl, hatte nie Streit mit anderen", sagt Thomas Eggert. Der Bekannte "Bollo" bestätigt das: "Jurek war ein ganz lieber, netter Mensch, hat mir letztes Jahr sogar meine Geburtstagsfeier spendiert. Wenn ich den erwische, der ihn umgebracht hat, dann gnade ihm Gott!"

Doch das alles hilft Sohn Tomek in diesen schweren Stunden wenig. Er bricht geschockt in Tränen aus, als er vom gewaltsamen Tod seines Vaters erfährt, muss seine drei Schwestern in Polen informieren. Seit drei Wochen haben sich Vater und Sohn nicht gesehen. Der Sohn hatte auch nichts von den Missbrauchsvorwürfen gewusst.