Interview: Gesine Schwan spricht in Bergedorf über das Alter

Gesine Schwan (71) gehört zu den herausragenden Politikwissenschaftlern in Deutschland. Im Körber-Forum setzt sie sich morgen mit dem Älterwerden auseinander. BZ-Mitarbeiter Gerrit Pfennig sprach mit ihr vorab über Chancen, Rückschläge und politische Auseinandersetzungen.

Frau Schwan, Ihr Thema heißt "AltersBilder: Woraus wir leben". Welche Bedeutung hat für Sie das Altern?

Gesine Schwan:

"Ich habe damit kein grundlegendes Problem. Ich bin gesund und lebe in einer glücklichen Beziehung. Ich habe viele schöne Erfahrungen machen können, aber jedes Alter bietet seine Chancen."

Was hat sich für Sie im Laufe der Jahre verändert?

"Ich werde zunehmend von ehemaligen Studenten angesprochen, die sich gerne an das Studium bei mir erinnern. Doch mein Leben hat auch viel mit Kontroversen zu tun - im Alter hat man in diesem Zusammenhang einen Bonus. So gibt es auch heute noch Anfeindungen, doch die sind menschlich nicht mehr so scharf wie früher."

An welche Auseinandersetzung denken Sie dabei?

"Ich habe kürzlich für 'Zeit Online' einen Artikel als Antwort auf Finanzminister Wolfgang Schäuble und dessen Griechenland-Politik verfasst. Ich habe mich gegen die Einseitigkeit gewandt, mit der in Deutschland die Verantwortung für die Schuldenkrise nur Griechenland zugeordnet wird, und gegen die Abwehr dagegen, sich auf die Diskussion der Nazi-Verbrechen in Griechenland einzulassen. Die Folge meines kritischen Artikels waren zahlreiche persönlich beleidigende Kommentare im Internet."

Viele verbinden mit Ihnen vor allem die beiden gescheiterten Bewerbungen für das Amt der Bundespräsidentin. Gehen Sie mit solchen Rückschlägen heute anders um als früher?

"Mit Rückschlag assoziiere ich persönliche Schadenserfahrungen. Mir ging es aber bei den Kandidaturen nicht um persönlichen Ehrgeiz, sondern darum, etwas politisch bewegen zu wollen. Die politische Mehrheit hat dafür nicht gereicht. Das ist kein persönlicher Rückschlag, sondern gehört zum politischen Engagement. Die Kandidaturen haben mir im Übrigen für die Teilnahme an öffentlichen Debatten genützt. Sie können im Alter entweder im Garten Blümchen pflegen oder sich weiter engagieren. Ich bin ein politischer Mensch, und das werde ich auch bleiben."

Sie traten zuletzt 2012 bei der Körber-Stiftung in Hamburg auf. Was verbinden Sie mit dieser?

"Ich kenne die Stiftung aus vielen Konferenzen und Kooperationen. Die Bergedorfer Gespräche waren immer sehr aufschlussreich, und darauf freue ich mich auch an diesem Abend."