Kunstprojekt Vorschüler basteln nach Architekten-Vorbild

Maria und Kasim präsentieren stolz ihr aus einem Schuhkarton und Klopapierrollen gebasteltes Papphaus. "Das ist genauso bunt wie der Bahnhof in Uelzen", erklärt die Sechsjährige, und ihr Freund ergänzt: "Und Hundertwasser hat auch solche lustigen Türmchen und Säulen gebaut." Mit Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) kennen sich die 50 jüngsten Schüler der Grundschule Mendelstraße jetzt ganz genau aus. 14 Tage lang haben sich die drei Vorschulklassen in einem Kunstprojekt mit dem Wiener Künstler, Architekten und Umweltschützer beschäftigt.

"Einige Eltern waren anfangs schon skeptisch, als sie von unserer Projektidee hörten", sagt Uta Cordes, eine der drei beteiligten Lehrerinnen: "Aber gerade Hundertwasser ist in seinem Wirken so breit gefächert, dass sich darin ganz viele Aspekte des Vorschullernens widerspiegeln: soziales Lernen, eingängige philosophische Fragen oder der Umgang mit der Natur im modernen Städtebau."

Das Highlight für die Kinder sei dabei der gemeinsame Tagesausflug zum Hundertwasser-Bahnhof nach Uelzen gewesen. "Bei einer kunstpädagogischen Führung konnten sie toll erleben, was wir anhand von Hundertwasser-Bildern zuvor im Unterricht besprochen hatten", berichtet Kollegin Ute Schubert.

Die Fünf- und Sechsjährigen waren begeistert. Sie haben anschließend den Bahnhof aus Pappe, fröhliche Hundertwasser-Häuser mit begrünten Naturdächern aus Mauersteinen und kreativ gestaltete Fenster in Anlehnung an die Forderung des Künstlers nach einem "individuellen Fensterrecht" gebastelt. Und sie haben sich mit der bei Hundertwasser immer wiederkehrenden Form der "Spirale" beschäftigt: Spiralen aus Fäden, aus Papierschnipseln geklebt oder mit Knetmasse geformt. Dabei ging es immer um die durchaus existenzielle Frage der Lebensspirale. Cordes: "Wann beginnt das Leben, wo endet es?"

Am Ende der beiden Wochen haben die kleinen "Künstler" ihre Werke Eltern und Verwandten in einer Ausstellung präsentiert. "Die sind richtig von den Socken gewesen", berichtet Lehrerin Nicole Lenz: "Das Projekt hat bewiesen, dass man auch jüngeren Kindern moderne Kunst spannend vermitteln kann". Ihre Kollegin Ute Schubert schmunzelt: "Man muss das nur wollen. Doch die wenigsten unserer Vorschüler waren mit ihren Eltern zuvor schon mal in einer Ausstellung oder in der Kunsthalle."