Rudolf Chrysander: Forscher-Sohn hat heute 150. Geburtstag

Die vielen Veröffentlichungen und Feierlichkeiten zu Otto von Bismarcks 200. Geburtstag am Mittwoch überstrahlen die Verdienste des wichtigsten Bergedorfers an seiner Seite: Dr. Rudolf Chrysander, 1890 bis zu Bismarcks Tod 1898 dessen Privatsekretär und Hausarzt, hätte heute 150. Geburtstag.

"Ein interessanter Mann, der völlig zu Unrecht im Schatten des Eisernen Kanzlers und auch seines Vaters, des Händel-Forschers Friedrich Chrysander, steht", sagt Horst Zapf. Auch der Lohbrügger Chrysander-Experte hatte das Wirken des Sohns eher als Statthalter der väterlichen Sammlung eingeordnet. Erst als er jetzt zwischen Notenblättern ein Schreiben von Rudolf Chrysander an die Familie Bismarck entdeckte, begann er zu recherchieren.

"Ich habe einen überzeugten Pazifisten kennengelernt, der sich schon vor dem Ersten Weltkrieg - ganz in Bismarcks Tradition - gegen die Rüstungspolitik von Kaiser Wilhelm II. stellte. Und der in einem bemerkenswerten offenen Brief 1928 vor einem erneuten Weltkrieg warnte", sagt Zapf. Zudem sei Chrysander, der seit 1901 in Bergedorf praktizierte, ein Arzt mit großem Herz für die Armen gewesen. Was aus heutiger Sicht besonders fasziniere, sei sein Eintreten für die Friedens-Achse Deutschland-Frankreich: "Für ihn stand seit seiner Zeit als Bismarcks Sekretär fest, dass es nur diesen beiden Länder mit gemeinsamer Diplomatie gelingen kann, den Frieden Europas gerade auch mit Russland zu sichern."