Engagement: Petra von Langsdorff (81) hilft ehemaligen Kindersoldaten aus Sierra Leone

Petra von Langsdorffs Blick verdunkelt sich, wenn sie erzählt - von ihren Kindersoldaten. "Sie durften so viele Drogen nehmen wie sie wollten. Davon waren immer genug da." Die Drogen sollten den Kindern ihre Hemmungen nehmen, berichtet die bekannte Lohbrügger Künstlerin und Menschenrechtlerin. Es galt zu morden, zu foltern, Arme, Beine und Füße abzuhacken. Seit knapp fünf Jahren kümmert sich die 81-Jährige auf eigene Kosten um einige der damaligen Kinder, versucht sie wieder lebenstüchtig zu machen.

Der Bürgerkrieg im westafrikanischen Sierra Leone, der im Jahr 2000 offiziell endete, verwüstete das Land. Unzählige Überlebende sind verstümmelt, traumatisiert. Alle Kriegsparteien, vom berüchtigten Warlord Charles Taylor bis zu den wechselnden Regierungschefs rekrutierten in Massen Kindersoldaten. Die meisten wurden einfach aus ihren Dörfern verschleppt. Unter Drogen gesetzt wurden sie mit Gewalt zur Gewalt gezwungen. Nach der Demobilisierung glichen sie fanden die zertrümmerten Seelen kaum Hilfe, blieben meist sich allein überlassen.

Petra von Langsdorff, damals Geschäftsführerin einer sozialpsychiatrischen Einrichtung in Hamburg und Mitglied bei "Amnesty International", geht das Schicksal der Kinder zu Herzen. "Ich wollte unbedingt hinfahren, aber man verbot es mir." Das Kinderhilfswerk der UNO, das Rote Kreuz und andere sammeln damals die Kinder ein. Neben Liberia, das allerdings auch selbst Kindersoldaten kämpfen lässt, nehmen vor allem westliche Industriestaaten ehemalige Kindersoldaten auf - auch Deutschland.

Petra von Langsdorff engagiert sich seit 2010 bei der Aktion "Red Hand" für die kleinen Kämpfer. Auch der damalige Außenminister Guido Westerwelle engagiert sich. Einige der gestrandeten Kinder kommen in eine Ausstellung von ihr, betrachten ihre Bilder. Allerdings nur verstohlen. "Abdul versteckte sich hinter einer Säule." Doch er kommt schließlich mit Petra Langsdorff ins Gespräch. "Er interessierte sich für ein Bild, das die Beziehung zwischen Mann und Frau darstellt."

Trotz anfänglich "großen Misstrauens" des etwa 16-Jährigen entwickelt sich zwischen ihr und noch einem weiteren Jungen eine Art Freundschaft. "Für Abdul bin ich heute eine zweite Mutter." Sie kümmert sich um Sozialversicherung, Schule, erklärt Gepflogenheiten, hört zu. Sie fährt regelmäßig nach München, wo Abdul wohnt, kauft Sachen ein, investiert einen großen Teil ihres Geldes.

Die Christin benutzt die Religion als Therapie gegen die schrecklichen Schuldgefühle der Kinder. "Ich sage den Jungen immer wieder: Ihr seid nicht von Gott verdammt. Man hat euch zu dem Schrecklichen gezwungen." So ist ein Neuanfang möglich. Doch es bleibt schwierig. "Abdul hat mit Hilfe der Stadt München sogar eine Ausbildung als Lagerist geschafft." Doch habe er unüberwindliche Angst vor Zugfahrten.

Oft reichen Kleinigkeiten, um Traumata wieder auszulösen, ein Geruch, ein Geräusch. "Manche gehen auch wieder zurück in Kriegsgebiete. Das ist leider so", sagt Langsdorff. Was hat Abdul für eine Perspektive? "Er will unbedingt eine gute Frau und Kinder. Jetzt hat er die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt."