Bürgerpreis-Kandidat: Sergiy Khavkin gibt ihnen berufliche und soziale Impulse

Sonnabendmorgen, wenn die meisten Jugendlichen schulmüde im Bett liegen, laufen in Sergiy Khavkins elektrotechnischem Studio an der Holtenklinker Straße 9 im Erdgeschoss bereits die Drähte heiß: Am Computer simulieren Schüler physikalische Prozesse, bauen Stromkreise auf, an den Werkbänken fachsimpeln Jugendliche verschiedener Nationalität über selbst initiierte technische Experimente. Immer dabei: der Ukrainer Sergiy Khavkin (53), der Jugendlichen soziale und berufliche Impulse geben will. Für sein Engagement ist der 53-Jährige jetzt für den Bürgerpreis von Bergedorfer Zeitung und Volksbank Bergedorf nominiert.

Seit neun Jahren setzt der Vater von zwei Töchtern (13/17) mit praktischen Orientierungskursen in den Köpfen von Jugendlichen Ideen in Gang, die of zu einem Berufswunsch führen. Sergiy Khavkin ist selbstständiger Elektroingenieur, arbeitet mit Schulen und Unternehmen im Bezirk zusammen. Für sein ehrenamtliches Engagement hat er schon einige Preise bekommen. Die Bergedorfer Buhck-Stiftung sowie die Körber-Stiftung förderten ihn finanziell.

Seine Zielgruppe sind Migranten und sozial schwache Heranwachsende, die er in seinem elektrotechnischen Studio nicht nur weiterbildet, sondern ihnen auch einen Kontakt mit Gleichgesinnten ermöglicht. "Eine große Chance beim Übergang ins Arbeitsleben" nennt er das.

Angefangen hatte alles 2003 in Billstedt, als er morgens auf der Straße herumlungernde Jungen sah, die offensichtlich die Schule schwänzten. "Da beschloss ich spontan, etwas gegen diese Missstände zu tun". Erst in Billstedt ehrenamtlich aktiv, eröffnete er dann 2006 in Bergedorf an der Holtenklinker Straße 9 im Erdgeschoss sein festes elektrotechnisches Studio, in dem Schüler heute im Zuge von Wahlpflichtkursen Teile ihres schulischen Physik- oder Technikunterrichtes absolvieren, Noten oder Zertifikate dafür bekommen. Zuerst hatte Khavkin Räume in der Gesamtschule Bergedorf sowie in der Gretel-Bergmann-Schule, "aber das war dauerhaft mit den ganzen Materialien logistisch viel zu kompliziert. Man braucht einen Ort, wo man Platz hat und Dinge stehen lassen kann". Deshalb mietete er Räume unter seiner Wohnung an. Die Miete zahlt er aus Fördermitteln und aus Spenden.

"Rückschritte oder Desinteresse gibt es hier nicht", freut sich der 53-Jährige, der auch schon mal eine Mädchengruppe hatte. Auch seine 13-jährige Tochter ist manchmal dabei, seine Frau Switlana hilft oft am Computer. Viel Privatleben bleibt da am Sonnabend nicht.

Spaß haben alle Beteiligten, Lernen funktioniert über Motivation und Erfolg. Und Leistung gibt Selbstvertrauen. "Das ist so spannend hier, dass ich gar nicht frei haben möchte", erzählt etwa Leon (13). Da pflichten ihm Jacob (9), André (10) und Daniel (12) bei. "In der Schule erzählen wir weiter, wie toll es hier ist, und dann haben andere auch Lust, wollen mit. Sergiy nimmt sich Zeit für uns und hat Geduld", berichtet Frederik (9).

Auch eine Mini-Konzertbühne mit tollen Lichtinstallationen haben die Schüler schon gebaut - Figuren und Instrumente wurden ebenfalls in Eigenregie filigran aus Draht hergestellt. Eine der Lieblingstätigkeiten ist das Löten. Da sitzen Schüler Ellbogen an Ellbogen an der Werkbank: Einer muss halten, der andere lötet konzentriert. Khavkin freut sich: "Hier ist Integration kein Thema, alle arbeiten zusammen, haben ein Ziel - dabei sind schon viele Freundschaften entstanden." Und wenn das Experiment funktioniert hat, ist auch die Begeisterung groß. "Diese leuchtenden Augen muss man sehen", sagt der 53-Jährige. Mehrere Schüler hat er bereits in Praktika oder sogar in Ausbildung gebracht, denn sein berufliches Netzwerk ist groß.

Manchmal wünscht er sich noch mehr Unterstützung - besonders vom Bezirk Bergedorf. "Wir würden uns freuen, wenn Bürgermeister Arne Dornquast mal vorbeischauen würde", sagt Sergiy Khavkin. Schulsenator Ties Rabe war bereits zur Verleihung des Deichmann-Förderpreises da.