Flüchtlingscamp: Helfer in praktischer und seelischer Not

Seit zwei Monaten schon leben Flüchtlinge in den grauen Containern auf dem ehemaligen P+R-Parkplatz. "Es sind ungefähr 190 Menschen. Die Zahl variiert, da manche bald in ein anderes Camp umziehen, andere kommen neu dazu", erzählt Julia Braunsteiner. Die Flüchtlingsbeauftragte der Kirchengemeinde Bergedorfer Marschen hat vor allem Menschen aus Syrien, Irak und Iran, auch aus dem Kosovo kennengelernt. Familien seien es bislang wenige, mit insgesamt 25 Kindern. "Vorwiegend leben hier alleinstehende, junge Männer", sagt Braunsteiner.

Um einen 40-Jährigen kümmert sich die ehrenamtliche Helferin Sabine Braun: "Durch drei Schicksalsschläge ist der Syrer psychisch traumatisiert und benötigt dringend ärztliche Hilfe", sagt die Nettelnburgerin und erfuhr Schlimmes: "Seine Frau, eine Lehrerin, starb bei einem Bombeneinschlag auf ihre Schule. Kurz darauf zerstörte eine weitere Bombe sein Haus. Dabei wurde er schwer verletzt, hat Granatsplitter im Kopf." Als der Syrer schließlich aus seiner Heimat flüchtete, musste er seine beiden Söhne, sieben und elf Jahre alt, bei Bekannten zurücklassen.

Die Ehrenamtlichen konnten ihm bereits helfen: "Der Mann sollte nach Ungarn abgeschoben werden, da er dort zum ersten Mal die EU betreten hat. Das haben wir abwenden können. Nun hoffen wir, auch seine Söhne aus Aleppo nach Deutschland holen zu können", sagt die 50-Jährige.

Flüchtlingen zu helfen, die durch Krieg in ihrer Heimat alles verloren haben, "ist für mich ein Gebot der Menschlichkeit", sagt Sabine Braun, die über die Kirchengemeinde Bergedorfer Marschen (www.bergedorfer-marschen. de ) aktiv wurde: Sie hatte nach Helfern gesucht, um die Flüchtlinge etwa zum Grundsicherungsamt zu begleiten. Braun: "Ich war sofort beeindruckt von den überwiegend gebildeten, motivierten und höflichen Leuten. Einige haben eine Berufsausbildung. Sie wollen schnell Deutsch lernen, eine Arbeit finden und sich in Deutschland eine Existenz aufbauen."

Es sei für jeden Helfer viel Arbeit, "aber die Dankbarkeit der Menschen motiviert natürlich", sagt Sabine Braun. Alle, die auch helfen möchten, wenden sich am besten an den Verein Bergedorfer für Völkerverständigung (Telefon (040) 7 21 28 70) oder die Kirchengemeinde vor Ort.

Hilfe wird auch in der Kleiderkammer benötigt, schildert Julia Braunsteiner. Die Studentin der evangelischen Theologie sortiert und verteilt gespendete Kleidung: "Wir sind derzeit so gut ausgestattet, dass wir statt Kleidern lieber Kinderbücher, Gesellschaftsspiele und kleine Geldspenden annehmen", sagt die 23-Jährige, die vom Engagement im Stadtteil begeistert ist: "Wir haben 200 freiwillige Helfer, von denen 50 fest engagiert sind. Die Hilfsbereitschaft fördert auch den Zusammenhalt im Stadtteil."

* Die beiden Gymnasiastinnen vom Gyloh absolvieren derzeit ein Praktikum bei der Bergedorfer Zeitung. Der Artikel entstand unter Mithilfe unserer Redakteurin Anne K. Strickstrock. Sabine Braun ist die Mutter von Hannah Peterson.