“Lauenburger Hof“: Platz für Wohnungen? Eigentümerin dementiert

Der Eingang ist quietschgrün, die Hauswand gelb und verwittert: Nur 35 Euro pro Einzelzimmer zahlt, wer im "Lauenburger Hof" an der Wentorfer Straße 3 übernachten will. Wer das will? "Oh, wir haben Gäste aus ganz Europa und sind fast immer ausgebucht", sagt Mitarbeiterin Young-Shin Choe und verweist auf Touristen wie auch Geschäftsleute, die in den zehn Zimmern untergebracht werden - und vermutlich auch keinen Luxus erwarten.

Nicht nur das Mobiliar, sondern das ganze Haus hat schon bessere Tage gesehen. "Wir sind ständig mit unserer Rechtsanwältin in Kontakt, weil die Lagerräume feucht sind, die Elektrik veraltet oder die Heizung defekt", sagt Hotelbetreiber Young-Sang Ryu, in dessen Mietvertrag eine "Beherbergungsstätte unterm Dach" verzeichnet ist, immer wieder auch die Beschilderung der Fluchtwege thematisiert wird.

Dennoch möchte der Koreaner, der zuvor als Pastor elf Jahre lang in Lokstedt eine christliche Gemeinde betreute, den "Lauenburger Hof" nicht aufgeben - sein Mietvertrag laufe noch gut acht Jahre. "Aber ich habe keine Zukunftssicherheit, denn der Verwalter sagte mir vor Monaten, dass das Haus Ende 2015 abgerissen werden soll", sagt Young-Sang Ryu. Dabei habe er doch gerade erst vor zwei Jahren, als das Gebäude verkauft wurde, eine Mieterhöhung akzeptieren müssen.

"Die Gebäude sind eigentlich abbruchreich, wahrscheinlich habe ich deshalb nur einen Ein-Jahresvertrag", sagt Nachbarin Simone Sommerfeld, die nebenan im "Kolibri" Textilbestickungen anbietet - und eine neue, 50 Quadratmeter große Ladenfläche sucht. Auch der Mieter auf der anderen Seite vom "Lauenburger Hof" ist besorgt und sucht nach einer Alternative, weil sein Mietvertrag Ende des Jahres ausläuft: "Wir sind jetzt seit 1991 hier", sagt Holmer Breyer, Betreiber des "Body Fashion", weiter: "Weil wir viel übers Internet machen, brauchen wir gut 100 Quadratmeter, gern in 1-B-Lage."

Derweil kursieren allerhand Gerüchte: Entstehen hier 40 Neubauwohnungen, vielleicht ein Hotel oder gar ein Ärztehaus? Es gebe bloß Ärger mit zwei Bewohnern im Hinterhof, die ihre Miete nicht regelmäßig zahlten, sagt Verwalter Bernd Müller von der "Living Immobilien GmbH" in Hamburg, "alles andere sind ungelegte Eier".

Deutlicher wird die Eigentümerin und will ihre Mieter beruhigen: "Ich habe tatsächlich mal Räume gebraucht, aber jetzt ist der Mietvertrag für meine Praxis doch verlängert worden", sagt die Bergedorfer Ärztin, die namentlich nicht erwähnt werden möchte - und die Häuser erst vor zwei Jahren von "Foto Bauer" kaufte. Von Abriss sei keine Rede, ein Gutachter habe bloß die Bausubstanz vom "Lauenburger Hof" geprüft und festgestellt, dass es keinen Schwamm gebe: "Vor allem ging es darum, ob das Dach saniert werden muss. Aber vorerst reichen Reparaturen."

Das wird auch all jene Bergedorfer freuen, deren Großeltern an der Wentorfer Straße 3 noch gefeiert haben: Denn der "Lauenburger Hof" war eine beliebte Gaststätte samt Kegelbahn. "1915 war dort August Borchers der Gastwirt, und er führte den Laden auch noch bis in die 1930er-Jahre hinein", weiß Christian Römmer vom "Kultur- & Geschichtskontor".

Im Hinterhof befand sich einst ein Ausspann für Pferdekutschen. Denn über die "Wentorfer Chaussee", die bereits 1838 als befestigte Straße angelegt wurde, fuhren noch wenige Autos. Dass sich dies bald änderte, belegt ein historisch verbrieftes Datum: Im ehemaligen Pferdeausspann (heute sind hier Garagen) eröffnete Walter Gehrike am 3. Oktober 1928 seine "Auto-Fahrschule", der sich später eine Werkstatt anschloss, die "Mercedes-Benz-Kundendienststation Bergedorf".