Suchtberatung: Jetzt auch in Lohbrügge und Bergedorf-West

"Wir wollen genau da arbeiten, wo die Probleme am dicksten sind", sagt Kai Wiese. Der Vorstandschef von Jugend hilft Jugend ist froh, dass der Verein kostenlose Jugendsuchtberatung künftig auch in Bergedorf-West und Lohbrügge anbieten kann. Bislang, seit Februar 2007, ist sie allein auf den Stadtteil Neuallermöhe beschränkt. "Jetzt aber ist die Pilotphase endlich beendet, nimmt uns Hamburgs Gesundheitsbehörde mit weiterhin 2,5 Planstellen in die unbefristete Regelfinanzierung auf. Das sind knapp 250 000 Euro im Jahr."

Das heißt aber, dass sich das Dreierteam künftig ganz schön strecken muss: Thomas Rademacher ist weiter für präventive Projekte wie Filmnächte in Jugendzentren zuständig. Matthias Maune und Olga Bauer übernehmen die aufsuchende Arbeit in Schulen, Jugendwohnungen und Jugendclubs. "Bislang haben wir jährlich etwa 100 Klienten beraten, dazu kamen natürlich noch die Angehörigen, also Eltern, Geschwister oder auch Lehrer", berichtet Olga Bauer (40), die auch auf Russisch beraten kann.

Neu am Konzept ist die Verjüngung der Zielgruppe auf 14- bis 21-Jährige. Zuvor war das Team für bis zu 27-Jährige zuständig, die wenden sich nun an Kodrobs an der Lohbrügger Landstraße 6.

Dass Jugendliche, die zu viel Alkohol trinken oder kiffen, auf Dauer "kaum Frust aushalten und bei jeder Anforderungsanstrengung extrem verdunstungsgefährdet sind" (Kai Wiese), sei die tägliche Herausforderung mühsamer Motivationsarbeit: "Wir müssen sie dazu bringen, etwas zu wollen."

Es sei jedenfalls "eine Kunst, sie für eine Beratung zu gewinnen", sagt Olga Bauer, wobei die Diplom-Gesundheitswirtin keineswegs sofort über Entzug oder Therapien redet. Kokain, Crack und Ecstasy seien in Bergedorf kaum eine Thema, wohl aber der Cannabis-Konsum - mit einhergehenden Irrglauben: Das sei doch alles "bio" und bald sowieso erlaubt wie in Holland. "Andere glauben ernsthaft, es sei gedächtnisfördernd oder helfe gegen Husten, wenn man Gras raucht", sagt Bauer kopfschüttelnd.

Auf Grünflächen, Fußballplätzen oder Schulhöfen verteilen die Drogenberater ihre Visitenkarten, später kommen dann die Anrufe (0 17 6/13 06 88 81) mit den typischen Fragen: Wie lange ist das in den Haaren oder im Blut nachweisbar? Was kann passieren, wenn mich die Polizei erwischt? Was blüht mir vor Gericht, weil ich ein Handy geklaut und vertickert habe?

Für betroffene Eltern wollen die Berater bald eine Selbsthilfegruppe anbieten. "Viele kommen erst sehr spät zu uns. Wenn sie merken, dass ihr Kind ständig glasige Augen hat, dünn geworden ist, Geld braucht und sich von alten Freunden abwendet", sagt Olga Bauer. Zunehmend werde das Team auch auf Internetsucht angesprochen: "Das Thema wird immer aktueller. Wir bieten für auffällige Kinder jetzt auch Workshops in Jugendclubs an."