Chrysanderstraße: Experte verwundert über Genehmigung

Der Abriss des 188 Jahre alten Kornspeichers an der Chrysanderstraße zur Erweiterung des Schuhhauses Schüttfort sorgt für scharfe Kritik der Bergedorfer Initiative zur Erhaltung historischer Bauten. "Seit Schüttfort den Speicher in den 90er-Jahren erworben hat, ist eine angemessene Bauunterhaltung unterlassen worden", sagt der Denkmalsachverständige Dr. Geerd Dahms, Vorsitzender der Initiative, zu der auch das Kultur- & Geschichtskontor gehört.

Während Wido Schüttfort den Abriss wegen maroder, teils sogar fehlender Balken der tragenden Konstruktionsteile als unumgänglich bezeichnet, sieht Dahms die Schuld daran beim Denkmalschutzamt: "Der Speicher stand bis vor knapp 20 Jahren auf der Liste der schutzwürdigen Objekte, weil er den Eingang der Chrysanderstraße prägt und sehr anschaulich die Fachwerkkonstruktion des frühen 19. Jahrhunderts repräsentiert." Doch schon kurz nach dem Kauf durch Schüttfort sei das Ensemble überraschend aus dem Denkmalschutz entlassen und damit der Aufsicht durch die Behörde entzogen worden.

Die Geschichte des Speichers reicht bis ins Jahr 1827 zurück, als der ältere, senkrecht zur Chrysanderstraße stehende Gebäudeteil als Lager für Korn, Mehl, Saatgut und diverse andere Waren errichtet wurde. 1854 kam der zweite, parallel zur Straße stehende Speicher hinzu. Über die folgenden 160 Jahre war das Ensemble Heimat diverser Geschäfte. Unter anderem einer Petroleumleuchten-Handlung, einem jüdischen Möbelkaufmann, dem Haushaltswaren-Geschäft Ammermann, der Musikalienhandlung Walter Grubitz, Briefmarken Wilhelm Petrowitz und Bauer's Postergalerie.

"Das Denkmalschutzamt selbst hat noch 2013 schriftlich bestätigt, dass er alte Speicher 'denkmalwürdig' sei", ärgert sich Geerd Dahms. "Dennoch hat es dem Abriss zugestimmt und sorgt so dafür, dass in Bergedorf wieder einmal abgerissen statt erhalten wird."