Quartiersbotschafter: Sie haben für ihre Nachbarn wertvolle Tipps auf Lager und helfen in größter Not

Wo gibt es hier eigentlich ein Krankenhaus? Wer kennt ein liebevolles Altersheim? Und wo kann man gutes Fleisch kaufen? Solche Fragen hören die "Quartiersbotschafter" oft - und wissen Rat: "Wir haben ein offenes Ohr für alle Nachbarn und helfen, wo wir können", sagen die vier Damen, die von Mittwoch bis Freitag zwischen 9 und 11 Uhr im "Haus Christo" (Friedrich-Frank-Bogen 31) zu erreichen sind.

"Letztens suchte eine Frau ganz verzweifelt die Ausgabestelle der Tafel. Da habe ich sie dann schnell begleitet", erzählt Eleonore Broksch. "Zu mir kommen viele mit Rentenfragen oder ich helfe beim Antrag für Schwerbehinderte", sagte Monika Maureschat, die auch eine Sprechstunde beim Sozialverband anbietet. Oftmals aber hören sich die Damen einfach nur Ärger an. Wenn etwa die Zwölfer-Buslinie ihre Route geändert hat. Oder wenn seit Wochen der Fahrstuhl ausfällt, weil das Saga-Haus saniert wird. Schlimm sei auch die Rattenplage am Bahndamm.

Der Runde Tisch der Hamburger Freiwilligendienste hatte sich vor zwei Jahren darum bemüht, erste "Quartiersbotschafter" zu finden, die bis zu sechs Stunden pro Woche Zeit haben, sich um Sorgen und Bedarfe zu kümmern. Eine Anschubfinanzierung kam vom Bundesministerium für Familie und Senioren - schließlich sollen die Ehrenamtlichen eine monatliche Aufwandsentschädigung von 40 Euro erhalten. Unter der Ägide von Christa Allmers, Chefin der Bergedorfer Freiwilligen-Agentur, gibt es auch eine Quartiersbotschafterin in Lohbrügge, im August will zudem jemand in Bergedorf-Süd anfangen.

Das Helfen macht einfach Spaß, "wie bei der Frau, deren Lippen wir rot geschminkt haben. Die hatte nicht genug Geld für so etwas, wollte sich aber als Dame fühlen", erinnert sich Irmgard Wendt an die inzwischen Verstorbene. Meist werden die "Quartiersbotschafter" auf der Straße angesprochen, wenn es um eine Krankheit geht oder die Frage, wie man eine billige Beerdigung hinkriegt. "Anonym ohne Stein kostet das bloß 1800 statt 8000 Euro", antwortet Wendt ganz pragmatisch - und fügt hinzu: "Die Armut steigt, aber man sieht sie den Leuten nicht mehr so an."

Und so ist es meistens gerammelt voll, wenn donnerstags und freitags der Flohmarkt im "Haus Christo" steigt. Hier findet jeder etwas Passendes für kleines Geld. Der Erlös geht an gute Zwecke: Da wurde schon mal eine Spezialbrille gekauft, eine Rollstuhlrampe oder Baby-Ausstattung. Einmal gab es auch Geld, damit eine Alleinerziehende Weihnachtsgeschenke für ihre Kinder kaufen konnte.

"Wir nehmen gern alles an, packen auch mal Tüten wie jetzt für ein Jenfelder Altersheim", sagt Wendt, die sich über den häufigen Besuch von vier Witwern freut, die Frauenkleidung brachten - "und auch fragten, wo man in Bergedorf Frauen kennenlernen kann". Gerade gestern hingen zwei weiße Hochzeitskleider auf Bügeln. Irmgard Wendt hat sie besorgt: "Da ist ein Mann, der zum dritten Mal heiratet. Zum Fest gehe ich gern, aber Trauzeugin wollte ich dann doch nicht werden."