Holzforschung: Lohbrügger klären Herkunft einer Reliquie des Atolls Nanumea

Mengen an Holzproben landen jeden Tag im Thünen-Institut für Holzforschung in Lohbrügge. Ein fast 1000 Jahre alter Speer von einem Atoll in der Südsee ist selten darunter. Die Probe eines solch alten Kampfwerkzeugs haben die "Holz-Detektive" von der Leuschnerstraße jetzt im Auftrag einer amerikanischen Wissenschaftlerin erhalten und untersucht - und damit erfolgreich Licht in die Besiedlung des Südsee-Atolls Nanumea gebracht.

Nur 4,5 Kilometer lang und 600 Meter breit ist das Eiland, das zum südpazifischen Inselstaat Tuvalu gehört. Der Legende nach erreichte vor Hunderten Jahren der seefahrende Held Tefolaha das Atoll und wurde zum Ahnherrn der dortigen Bewohner. Tefolaha besaß einen Speer namens "Kaumaile", der laut Legende nach seinem Tod von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Die Bewohner besitzen ihn noch heute.

Die amerikanische Wissenschaftlerin Heather Lazrus wollte wissen, ob die Besiedlungsgeschichte stimmen kann, ob der Speer tatsächlich so alt ist: Sie ließ das Alter des Kampfwerkzeugs per Radiocarbon-Methode bestimmen. Und tatsächlich wurde "Kaumalie" wohl vor etwa 880 Jahren hergestellt, was zu der Sage passt. Doch aus welcher Baumart wurde der Speer gefertigt? Woher kam Urvater Tefolaha demnach, ehe er Tuvalu besiedelte?

Die Wissenschaftlerin suchte Experten für Holzbestimmung und fand sie - über eine New Yorker Universität, die vor Jahren mit dem Thünen-Institut zusammengearbeitet hatte - in Lohbrügge.

"Wir haben zwei Proben bekommen", sagt Diplom-Holzwirt Dr. Gerald Koch. Nur etwa 16 und 20 Millimeter lang waren die Späne. Sie waren aus so hartem Holz, das sie erst lange gekocht werden mussten, ehe hauchdünne Schichten abgeschnitten werden konnten. Die Quer- und Längsschnitte wertete er dann unter dem Mikroskop aus, verglich verschiedene Holzmerkmale. Schnell hatte er einen Verdacht: "Das Holz hat markante Merkmale, zum Beispiel einen schönen Stockwerkbau", sagt er. Eine Vergleichsprobe aus der Sammlung von 50 000 mikroskopischen Referenzmustern bestätigte: Es handelt sich um das Holz "Casuarina equisetifolia", also Eisenholz oder Strand-Kasuarine. Sie ist im Südseeraum weit verbreitet, auch in Samoa, wo Held Tefolaha den Speer einst in einer Schlacht benutzt haben soll. Die Wissenschaftlerin war von dem Lohbrügger Urteil "begeistert", sagt Koch - bestätigt es doch die Theorien.

Nur eine genetische Bestimmung, wo genau der Baum gewachsen ist, mussten die Holzdetektive schuldig bleiben. Nicht etwa, weil sie dies nicht könnten. Koch: "Aber dafür müssten wir in der Südsee genetische Referenzen sammeln." Der Aufwand wäre dann doch zu groß.