25. Jahrestag: Wer tötete die beiden Paare im Wald? Buchautor auf Spurensuche

Ingrid Warmbier (46) aus Uelzen und Bernd-Michael Köpping (43) aus Hannover waren die nächsten Opfer des "Göhrde Mörders". Das Paar, das anderweitig verheiratet war und sich am 12. Juli in dem Forst zum Stelldichein getroffen hatte, wurde wie die Reinolds bestialisch ermordet. Der Mörder fesselte beide an Händen und Füßen, strangulierte und würgte Bernd-Michael Köpping und schoss auf ihn. Ingrid Warmbier zertrümmerte er den Schädel, fügte ihr zudem schwere Verletzungen im Brustbereich zu.

Die Art der Verletzungen glich denen der Reinolds, jedoch konnte dort die genaue Todesursache wegen des schlechten Zustands der Toten nicht mehr ermittelt werden. Auch das Auto des zweiten Paares benutzte der Täter anschließend, ehe er es erst Am Klaubusch in Bad Bevensen parkte und danach auf dem Parkplatz der Diabetesklinik abstellte. Die Leichen von Ingrid Warmbier und Bernd-Michael Köpping wurden wenig später von der Polizei entdeckt, die auf der Suche nach Spuren im Reinold-Mord die Göhrde mit einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei durchkämmte.

Die beiden Doppelmorde sorgten für Entsetzen im Land. Die Göhrde, ein beliebtes Urlaubsgebiet, war über Jahre wie leergefegt; selbst die Polizei riet damals, nur in Gruppen durch den Forst zu gehen, den manche den "Totenwald" nannten. Dass der Täter nicht gefasst werden konnte, schürte die Panik.

Die Polizei verfolgte insgesamt mehr als 2000 Spuren, ermittelte in alle Richtungen. Doch ob gehörnte Ehepartner, Auftragskiller, verdächtige Anwohner - alle Ansätze liefen ins Leere und galten irgendwann als "ausermittelt". Bis heute jedoch hat die zuständige Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg /Uelzen den Fall nie ganz zu den Akten gelegt, sagt Sprecher Kai Richter. Ein Ermittler kümmere sich federführend darum, behalte auch mögliche Parallelen zu anderen Fällen sowie die heißen Diskussionen in Internetforen wie "Allmystery" im Auge. Nicht alles sei falsch, was dort diskutiert werde, sagt Richter. Jedoch habe die Polizei "nicht alles Täterwissen preisgegeben".

Und da gibt es noch einen weiteren Trumpf: zwei Haare, die damals gesichert wurden und die wohl vom Täter stammen. Bisher ist nicht sicher, ob die technischen Möglichkeiten ausreichen, um ganz sicher DNA aus diesen Haaren zu extrahieren - deshalb wurden sie bisher nicht angetastet. Schließlich würden die Haare bei dem Versuch zerstört. "Aber wir stehen in direktem Kontakt zu einem Institut in Österreich", sagt Polizeisprecher Kai Richter. Sobald es eine "größere Wahrscheinlichkeit" gebe, DNA zu gewinnen, sollen die Haare wohl genutzt werden.

Dann würde sich herausstellen, ob die polizeiliche Datenbank einen DNA-Treffer ausspuckt - ob der Mörder also schon durch andere Taten aufgefallen ist. Alle Szenarien sind denkbar. Und viele Menschen im Lüneburger Raum haben sich ihre eigenen Gedanken gemacht, warum der "Göhrde Mörder" seit 1989 nie wieder zugeschlagen haben soll, warum die Taten so abrupt wieder endeten.

Einer von denen, die sich intensiv mit den Morden beschäftigen und der seine ganz eigene Theorie hat, ist Managementberater Jens Fuhrmann aus Lüneburg. Der 47-Jährige hat schon vor einigen Jahren begonnen, sich für den Fall zu interessieren und ist mit seinen Recherchen inzwischen so weit, dass er mit Co-Autorin Gaby Bayer aus Dortmund ein Buch über den Fall schreiben möchte. "Aber das soll kein reißerisches Sensationsbuch werden. Und es geht mir auch nicht darum, derjenige zu sein, der den Mörder findet", betont Fuhrmann. Vielmehr möchte er seine bis ins Detail gehenden Recherchen und Überlegungen aufzeigen, um "vielleicht etwas anzuschieben", das der Polizei helfen könne. Das könne dann auch den Verwandten Gewissheit verschaffen, meint Fuhrmann, der Kontakt zu einigen Hinterbliebenen hat.

Der 47-Jährige versucht mit ruhiger Logik an den Fall heranzugehen, einfach alles auszuschließen, was sinnlos erscheint. Dazu zählt seiner Meinung nach auch die in der Göhrde noch immer verbreitete Theorie eines Auftragskillers. Die massiven "Übertötungen" vor allem der Frauen, die Wahl der Waffen: Ein Auftragskiller würde nie so vorgehen, ist Fuhrmann sicher. "Der würde schießen und dann spurlos verschwinden, aber nicht auch noch das Auto der Opfer benutzen."

Fuhrmann ist vielmehr überzeugt, dass der "Göhrde Mörder" ein Serientäter ist, dem es vorrangig um das Töten der Frauen ging. "Der Mann war nur Beiwerk". Er glaubt, dass weitere Taten auf das Konto des Verbrechers gehen. Der Mord an Irma Busch etwa, die 1984 in einem Ausläufer der Göhrde getötet wurde und dieselben grausamen Verletzungen im Brustbereich aufwies wie Ingrid Warmbier. Oder der Fall eines Pärchens, das Anfang der 1990er-Jahre mit einem Wohnmobil in der Göhrde parkte, als plötzlich ein Unbekannter die Beiden mit einer Schusswaffe bedrohte, den Mann fesselte und die Frau vergewaltigen wollte. Der Täter flüchtete, als der Mann sich von seinen Fesseln befreien konnte.

Die Polizei hat einen Zusammenhang offenbar ausgeschlossen. Fuhrmann hingegen glaubt nicht daran, dass in der Region der Göhrde verschiedene Täter mit ähnlichem Muster aktiv waren. Er geht auch davon aus, dass sich der Täter immer noch in der Göhrde aufhält - aber nicht sehr oft und auch nicht mit Tötungsabsicht, eher mit der Absicht des "Nacherlebens" seiner Taten. Vielleicht empfinde er sogar Reue. "Es ist nicht auszuschließen, dass er vielleicht eine Schuhschachtel zu Hause hat, in der er die Dinge aufbewahrt, die er von den Tatorten an sich nahm."

Zwei kuriose Erlebnisse hatte Fuhrmann auch schon. Neben einem anonymen Drohbrief, den er erhielt, fand er kürzlich eine unverschossene Patrone des Kalibers 6,35, das bei der Tat verwendet wurde, am Fundort des zweiten Opferpaares. Zufall? Er glaubt es nicht.