Dr. Gregor Gysi zu Gast im Lichtwarkhaus - Oppositionsführer der Linken im Bundestag im Gespräch mit unserer Zeitung

Kein Stuhl blieb frei im Lichtwarkhaus am Donnerstagabend. Der Oppositionsführer und Fraktionschef der Linkspartei im Deutschen Bundestag, Gregor Gysi, war auf Einladung der Bergedorfer Linken in Bergedorf zu Gast, besuchte am Freitag und Sonnabend weitere Stationen in Hamburg. Unter dem Motto "Für ein soziales Hamburg" hielt der Fraktionsvorsitzende der Bergedorfer Linken, Stephan Jersch, eine mit viel Beifall bedachte Rede, die die Ziele seiner Fraktion für den Bezirk beschrieb. Danach brachte Dr. Gregor Gysi mit einer anderthalbstündigen, freien Rede den Saal zum Toben. Mit Dr. Gregor Gysi sprach unser Mitarbeiter Thomas Schütt.

bz:

Dr. Gysi, gerade waren Sie zu Gesprächen in Moskau. Angela Merkel telefoniert fast täglich mit Wladimir Putin. Ist das nicht wirkungsvoller als ein persönliches Gespräch mit dem russischen Parlamentspräsidenten?

Gregor Gysi:

Ich habe mit dem Duma-Präsidenten, dem ersten stellvertretenden Außenminister und dem Vize-Präsidenten der Föderationsversammlung gesprochen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Russland und dem Westen ist schwer gestört. Wir müssen jetzt unmittelbar Schritte ergreifen, die dieses Vertrauen wiederherstellen. Mein Eindruck ist, dass Russland keine weitere Eskalation will. Sie wollen keine Spaltung der Ukraine, sondern nur eine hohe Autonomie des Ostens und des Südens des Landes.

Weshalb fordert die Linke in ihrer Resolution zur Ukraine das dortige Verbot faschistischer Gruppierungen, nicht jedoch ein Verbot der russischen Faschisten? Diese haben großen Einfluss auf die Separatisten der Ostukraine.

Weil es in der Resolution um die Ukraine ging. Punkt. Davon abgesehen sitzen die russischen Faschisten auch nicht in der Regierung. Die Linke ist gegen alle Faschisten. Überall.

Über der Ukraine-Krise ist die Katastrophe in Syrien aus dem öffentlichen Fokus gerückt. Wie kann die Linke angesichts des Massensterbens eigentlich immer noch behaupten, dass ein militärisches Eingreifen dort alles nur verschlimmert hätte?

Der Weg des Krieges ist immer falsch. Über beide Seiten müsste ein Waffenembargo verhängt werden, dann wäre der Krieg bald zu Ende gewesen.

Noch nicht mal eine Flugverbotszone?

So ein Embargo müsste dann auch durchgesetzt werden. Nur hat das ja bisher noch niemand probiert.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen uneidlicher Falschaussage gegen Sie verlängert. Neue Hinweise sollen aufgetaucht sein. Macht Ihnen das Sorgen?

Ich gebe keine falschen eidesstattlichen Versicherungen ab.

Sie waren ja schon zweimal in Bergedorf. Was ist Ihnen von Ihren Besuchen in Erinnerung geblieben?

Bergedorf ist ein wirklich schöner und eigenständiger Teil von Hamburg. Hier will man sich vom großen Hamburg emanzipieren. Das ist mir vor allem in Erinnerung geblieben.

Es gibt bei den Wahlergebnissen für die Linke immer noch ein großes Ost-West-Gefälle. Hamburg und Bergedorf gehören zu den wenigen Ausnahmen. Wie erklären Sie sich die Stärke der Hamburger und der Bergedorfer Linken?

Für das große Gefälle zwischen den Wahlergebnissen in Ost und West gibt es historische Gründe, außerdem eine andere Verankerung der Partei im Osten und andere Traditionen. Innerhalb der alten Bundesländer sind Hamburg und Bergedorf ziemlich erfolgreich. Das gilt allerdings auch für Bremen und Bremerhaven, weil in Stadtstaaten die Menschen leichter zu erreichen sind als in Flächenländern. In Hamburg kommt hinzu, dass die Fraktion mit Dora Heyenn an der Spitze auch eine gute Arbeit in der Bürgerschaft leistet, sodass die Akzeptanz deutlich gewachsen ist. Auch die Bergedorfer Linke schätze ich für ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit und die erfolgreiche Arbeit, die sie leisten.