Pilotprojekt: Hamburgs erstes Wirtschafts-Kompetenzstudio

Es ist ein Vorstandsbüro - wenn auch eher im Ambiente eines Klassenzimmers: Die Stadtteilschule Richard-Linde-Weg hat ihr Wirtschafts-Kompetenzstudio eingeweiht, ausgestattet mit Laptops, Tablet-Computern, Fernseher, Beamer, Leinwand und Konferenztisch, also den üblichen Arbeitsgeräten der Chefetagen.

Das ist der Ort, an dem Oberstufenschüler sowie Neunt- und Zehntklässler der Stadtteilschule jetzt lernen, wie unser ökonomisch geprägter Alltag funktioniert. Wer jedoch glaubt, dass das längst zum Alltag jeder Schule gehört, der irrt. Richard-Linde-Weg-Rektorin Angelika Maijer ist die erste in ganz Hamburg, die das Thema Wirtschaft zu einem eigenen Oberstufenprofil gemacht hat.

"Die Schule soll für die Kinder und Jugendlichen kein Elfenbeinturm sein. Stattdessen sollen sie lebensnah und mit Realitätsbezug lernen", sagt Maijer, die sich sogar die Hamburg School of Business Administration als Kooperationspartner ins Boot geholt hat. Natürlich hat sie auch die Leitung des Wirtschaftsprofils, das unter dem Namen "Schülerfirma" gleich großen Zuspruch unter den Schülern fand, in die Hände eines Praktikers gelegt: Es ist der ehemalige Handelsschullehrer Florian Klaus, der an den Richard-Linde-Weg geholt wurde, um die Schüler nicht in der Theorie verharren zu lassen.

Die Teilnehmer sind denn auch bereits vielseitig an die Arbeit gegangen. In sechs Gruppen aufgeteilt, gründeten sie je eine Firma. Ob Werbeagentur, Youtube-Kanal, Eventmanagement oder eine Babysitting-Nachhilfe-Kombination - die Firmen sind sehr unterschiedlich. Eine Gruppe bildet schließlich die übergreifende Holding-Gesellschaft ("RLW-Holding"), die sich um die Finanzverteilung der Firmen kümmert.

Dass zur vielseitigen Praxis auch die Ausstattung passt, hat die Claussen-Simon-Stiftung ermöglicht. Sie vergab im vergangenen Jahr im Wettbewerb "Unsere Schulen" ein Preisgeld in Höhe von 50 000 Euro an den Richard-Linde-Weg. "Das Konzept zur Steigerung der Wirtschaftskompetenz hat uns überzeugt, zumal es langfristig angelegt ist", sagt Christine Geupel, Programmleiterin der Stiftung.

Auch die Bergedorfer Wirtschaft sieht die Arbeit der Schule positiv. WSB-Vorsitzender Thomas Buhck hörte sich die Ideen der jungen Firmengründer an - und ist begeistert: "Es ist entscheidend, dass die Unternehmer von morgen in der Lage sind, eigene Ideen umzusetzen."

Der Wille bei den Schülern ist da, so auch bei Lukas Thiel. Der 17-Jährige ist Mitglied der "RLW-Holding" und will im IT-Bereich tätig werden - aber nicht als Angestellter. "Ich möchte später mein eigener Chef sein", sagt Thiel, der die Biografien der Stars der Branche wie von Bill Gates (Microsoft), Facebook-Gründer Marc Zuckerberg und Steve Jobs (Apple) natürlich kennt.