Oktoberfest: Münchner Festbier zuerst auf den Frascati Wiesn

Ein wenig schräg ist es schon: 6000 mit original Münchner Oktoberfestbier geölte Kehlen grölen im saunagleich aufgeheizten Festzelt: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus...", stimmen Sekunden später "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" an, um dann beim Blasmusik-Tusch der bayerischen Partyband "Die Wilderer" ekstatisch ihre Sepplhüte zu schwenken und sich mit den Maßkrügen zuzuprosten.

"Die Bergedorfer feiern wie die Bayern", grinst Oktoberfest-Organisator Thomas Kock (56) im abgegrenzten Backstage-Bereich und prostet Event-Spezialist Stefan Schröder von "Happy Hollywood" zufrieden zu. Nur hier, neben der Bühne, kann man sich noch halbwegs bewegen. Denn das Festzelt ist am Sonnabend brechend voll.

Wer tanzen will, muss auf die Bänke und Tische ausweichen. Die Versorgung mit Biernachschub (7,90 € für die Maß) ist ein Hochleistungssport für die Bedienungen, die sich mit den schweren Löwenbräu-Krügen, über dem Kopf jonglierend, durch die Partymasse schieben. Die lässt zum Ballermann-Hit "Komm hol' das Lasso raus..." die Arme schwungvoll in der Luft kreisen. Von der Zeltdecke regnet es - Kondenswasser. Der Beweis dafür, dass die Norddeutschen es genauso "krachen lassen", wie die Bayern.

Für Hamburgs größtes Oktoberfest haben viele Bergedorfer wieder ihre Dirndl, Trachtenhemden und Lederhosen aus dem Schrank geholt. Die Partyband "Die Wilderer" und Discjockey Michael Wittig heizen der Masse abwechselnd ein. Im vergangenen Jahr gab es noch abwechslungsreiche Live-Acts, diesmal musste das Publikum mit einem drittklassigen DJ-Özi-Double vorlieb nehmen, der im Vollplayback mit Mikrofonattrappe den "Anton aus Tirol" schmetterte. Auf der Tanzfläche dennoch begeisterte Ekstase - dem Alkoholpegel sei dank. Während am Freitag das Zelt längst nicht ausverkauft war, mussten am zweiten Tag die Ordner ab 22 Uhr den Einlass wegen Überfüllung stoppen.

Der aufmerksame Sicherheitsdienst und hohe Polizeipräsenz vor dem Zelt sorgten dafür, dass die Sause - von kleinen Scharmützeln und einigen Alkoholleichen abgesehen - ohne nennenswerte Zwischenfälle blieb.

Tagsüber feierten vor allem die Familien ihr Oktoberfest. Die Kleinen haben sich in den Hüpfburgen, beim Bullenreiten und am "Hau-den-Lukas-Stand" auf dem von unserer Zeitung präsentierten Kinderfest von "Happy Hollywood" vergnügt. Jugendliche und wagemutige Erwachsene konnten sich in der rasanten "No-Limits-Schleuder" das bunte Treiben von oben und kopfüber anschauen. Höhepunkt am Sonntagnachmittag war der traditionelle Schützenumzug vom Bergedorfer Schloss durch die Fußgängerzone zum Frascatiplatz. Dort wurde dann der Oktoberfest-Schützenkönig proklamiert: Zum ersten Mal eine Frau, die 35-jährige Janina Bartels.

Pikantes Detail am Rande: In Bergedorf gab es in diesem Jahr das original Oktoberfest-Festbier bereits einen Tag früher als in München.