St. Petri und Pauli: Abschied von einer Sekretärin, die Verrückte mag, Eulen sammelt und gern singt

Nach neun Jahren, die Kirsten Helm im Gemeindebüro von St. Petri und Pauli arbeitet, weiß hier jeder ihre manchmal barschen Antworten zu schätzen: "Man nennt mich auch Liebreiz und Sanftmut. Aber einer muss hier doch das Sagen haben", sagt Kirsten Helm resolut. Das könnte etwas kauzig klingen, wären da nicht die vielen Eulen auf dem Schreibtisch, die leidenschaftlich gesammelt werden - und zwischen Bibel, Rechtschreib-Duden und Telefonbuch von großer Weisheit künden.

Was kostet der Altarschmuck? Wann ist der Kirchenladen offen? Wer wird 70 und bekommt einen persönlichen Geburtstagsgruß? Wann muss der Kantor orgeln? Kirsten Helm hat alles im Griff, auch die Raumbelegung: Basarkreis, Posaunisten, die Parkinsongruppe und der Kirchengemeinderat, dem sie selbst angehört, müssen ihre Plätze finden. Alles ist perfekt geregelt bis hin zu den alten Kirchenbüchern von 1840, die im Panzerschrank lagern und den vielen Ordnern, "die ich auch bei Stromausfall noch finden würde".

Bald wird sie keine Hochzeits-, Tauf- und Bestattungsurkunden mehr ausstellen: "Der 19. Juli ist der letzte Tag meiner Tätigkeit in diesem Leben", formuliert die 65-Jährige, die sich auf Freizeit freut, auf Gymnastikstunden und Spaß mit der kleinsten Enkeltochter. Die kann über ihre Oma viele Geschichten über ein buntes Leben erfahren.

"Aufgewachsen bin ich unter Verrückten. Meine Mutter war Psychiatrieschwester in Ochsenzoll. Und meine Schwester und ich spielten oft in der riesigen Parkanlage dort." Auch Kirsten wollte unbedingt Krankenschwester werden, wurde mit 16 als Schwestern-Vorschülerin im UKE aufgenommen. Als sie jedoch mit 17 schwanger wurde, war das in jener Zeit für die gestrenge Oberin untragbar: aus der Traum vom Traumberuf. Nach Hochzeit, den Geburten von Tochter und Sohn sowie der Scheidung suchte sich die 22-Jährige einen neuen Job. Die Haspa suchte eine Bucherin in der Giro-Abteilung: "Ich arbeitete an einem IBM-Elefanten mit Zahlentastatur. Es gab von allem dreifache Durchschläge", erinnert sich Kirsten Helm, die noch andere Aufgaben vor sich hatte. Mal war sie Grundstücksachbearbeiterin bei einer Bank. Nach einer Umschulung zur Groß- und Außenhandelskauffrau war die Alleinerziehende für den Einkauf in einem Werkzeug-Großhandel zuständig. Damals lebte sie in Lohbrügge und ließ sich 1973 extra umgemeinden, um in der Kantorei von St. Petri und Pauli singen zu dürfen: "Singen ist Honig für die Seele."

Diese Seele sollte noch einmal gestreichelt werden: Beim Silvestertanz 1995 funkte es, lernte sie den zehn Jahre jüngeren Thomas kennen, der damals noch für zwei kleine Kinder verantwortlich war. Seither wohnt das Paar in Neuallermöhe und freut sich über inzwischen drei Enkelkinder.

Und so wird es eine große Abschiedsfeier, wenn die Kirchengemeinde am 11. August zum Empfang einlädt und die beiden Nachfolgerinnen im Sekretariat vorstellen wird. Immerhin 68 Bewerbungen hatte es gegeben und Kirsten Helm ist sicher: "Mein Büro kommt in gute Hände."