Mal sind es Medikamente in Hähnchenbrust, Pflanzenschutz in Getreide, dann findet man Dioxine in Futtermitteln, Eiern und Milch: Verbraucher sind schon beim Einkauf im Supermarkt oder selbst beim Erzeuger unsicher, dabei unterliegt unsere Nahrung strengen Kontrollen: „Generell kann man sagen, dass unsere Lebensmittel engmaschig überprüft und sicher sind“, sagt Prof. Jan Fritsche (44) von der Fakultät Life Science/Ökotrophologie der HAW. Viel größere Sorgen bereiten dem Experten die Waren, die im Internet vertrieben werden.
Zusammen mit den HAW-Professoren Dirk Lewandowski und Boris Tolg hat er das Projekt „Food Control online“ gestartet. Es soll helfen, Verbraucher vor gefährlichen Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln zu schützen.
Schlankheitspillen, Eiweißdrinks zum Muskelaufbau oder Detox-Tabletten zur Faltenreduzierung – der Markt ist groß, unübersichtlich und kaum zu kontrollieren – besonders wenn die Produkte direkt vertrieben, damit die Kontrollen in den jeweiligen Ländern umgangen werden.
Ein weltweites Problem mit schwerwiegenden Folgen: In den USA starben fünf Menschen, nachdem sie einen koffeinhaltigen Energiedrink getrunken haben. Darunter ein 14-jähriges Mädchen. Erfrischungsgetränke dürfen in den Staaten höchstens 71,5 Milligramm Koffein je 0,35 Liter enthalten. Die Dose enthielt 480 Milligramm. Weiteres Beispiel: Von 2005 bis 2008 meldeten sich bei den Giftinformationszentren in Freiburg und Göttingen 17 Personen mit schweren Vergiftungserscheinungen – alle haben chinesische Schlankheitskapseln im Internet bestellt.
„Food Control online“ soll künftig als Frühwarnsystem fungieren: An der HAW wird eine Software entwickelt, die im Online-Handel erhältliche Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel findet und identifiziert. Die Suchmaschine ist eine Art Spürhund im Internet – speziell für die zuständigen Behörden. „Das gibt es noch nicht und es wäre eine enorme Erleichterung etwa für die Lebensmittelkontrolleure“, betont Fritsche.
Auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hat den Nutzen des Projektes erkannt, fördert die Entwicklung mit einer halben Millionen Euro in den kommenden drei Jahren. Es wurden drei Stellen für Doktoranden der Fachgebiete Information, Informatik und Food Science geschaffen, diese arbeiten eng zusammen mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Egal ob Vitaminpräparate, Artischocken-Abnehmhilfen oder eine Wunderwurzel aus Tibet: Der Internethandel muss für die Verbraucher sicherer werden. Wenn alles gut geht, hilft ab 2016 eine Suchmaschine Made in Bergedorf.
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