Bergedorf. Er gilt als Mann klarer Worte und Vorstellungen, blickt auf Jahrzehnte politischer Erfahrungen zurück: Kaum eine Position, die Kurt Hansen in Bergedorfs und Hamburgs FDP nicht schon innehatte, von 1999 bis 2001 auch den Landesvorsitz.

Jetzt ist der 76-Jährige zurück an der Spitze des FDP-Bezirks Bergedorf. Mit dem ebenfalls "neuen" Stellvertreter Ernst Mohnike, Fraktionskollege zu Beginn der 90er-Jahre und parteiinterner Widersacher über Jahrzehnte, Schatzmeister Sven Eichner und den Beisitzern Michael Bornemann, Stefan Kubat und Rüdiger-Horst Bambach ist die Führungsspitze wieder komplett.

Drei teils nicht mal halb so alte Vorsitzende hat die FDP binnen kurzer Zeit "verschlissen", Stefan Kubat gab mit 35 Jahren 2010 wegen Arbeitsüberlastung auf. Als die wirtschaftsliberale Mehrheit nach wenigen Monaten den dem Lohbrügger Flügel angehörenden Heiko Pohse (55) Anfang 2011 durch Jan Paulig (25) ersetzte, stand die Partei wieder einmal vor der Zerreißprobe.

"Wir wollen gemeinsam etwas bewegen, die Rückschau hilft niemandem, die Flügel sind im neuen Vorstand vereint", sagte Hansen gestern bei einem Redaktionsbesuch. Nach dem überraschenden Rücktritt Pauligs setzt die FDP Bergedorf wieder auf Erfahrung. "Beruf, Familiengründung und Politik sind für Jüngere häufig nicht unter einen Hut zu bringen."

Hansen-Vize Mohnike ist 66, Pressesprecher Bambach 73 Jahre. Nachwuchsprobleme hätten nicht nur Parteien, auch Vereine und Kirchen leiden darunter, betont Hansen: "Früher waren wir froh, wenn wir die Alten rausdrängen konnten - heute fehlt es an Jungen, die uns davonjagen."

Die Zusammenarbeit mit den Piraten in der Bezirksversammlung habe er erst kritisch gesehen, bestätigt Hansen. Eine gemeinsame Klausur habe jetzt tatsächlich Unterschiede aufgezeigt: "Die ältesten Piraten sind fast alle jünger als unsere jüngsten Aktiven. Doch sie sind weit bürgerlicher, als ich angenommen habe, würden gut in die FDP passen." Ein Ergebnis der Klausur ist ein gemeinsamer Vorstoß für den Ausstieg Bergedorfs aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. "Wir sind nur uneins, ob wir dies in zehn Jahren schaffen, wie einige Piraten meinen, oder eine Generation dazu brauchen", sagt Parteisprecher Bambach.

Doch es gibt auch Unterschiede. Die FDP sei gegen eine Abschaffung des Urheberrechts, des geistigen Eigentums, betont Bambach. "Es gibt bislang auch keine Einigkeit zu Windkraftanlagen, die Bezirksfraktion wird entweder unterschiedlich abstimmen oder sich enthalten."

Unterschiede deutlich machen, Stellung beziehen, das sieht Hansen als seine Hauptaufgaben. Seine Kritik ist pointiert wie seit Jahrzehnten: Die Kontrolle der Regierenden funktioniere nicht: "Wir haben keine repräsentative Demokratie, wie das Grundgesetz fordert. Die Abgeordneten repräsentieren ihre Wähler nicht gegenüber Regierungen und Bürokratie. Tatsächlich sind Berufspolitiker längst Teil des Systems, vertreten dessen Interessen und die von Lobbyisten."

"Uns fehlt es an Jüngeren, die uns davonjagen." Kurt Hansen, FDP-Vorsitzender