Bergedorf/Wentorf. “Frauen sind Katastrophen - gewachsen!“ So lautet einer der Feuerwehr-Werbeslogans. Und der gilt auch für das Technische Hilfswerk (THW), sagt jedenfalls Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD).

Er ließ es sich nicht nehmen, die neuen Chefinnen des THW Bergedorf persönlich zu begrüßen. Und damit ein Stück Emanzipationsgeschichte mitzuschreiben. Denn durch den Führungswechsel sind die Bergedorfer der erste THW-Ortsverband überhaupt, der eine weibliche Doppelspitze hat.

Während bundesweit weniger als ein Prozent der 660 Ortsverbände heute überhaupt eine Ortsbeauftragte vorweisen können, setzt Hamburgs Landesvorstand mit der Berufung von Curlyn Wengorz (29) als Leiterin und Mareike Bauer (30) als Vize ganz auf Frauen-Power. Die beiden dynamischen Frauen sind nun Chefinnen der 90 überwiegend männlichen Mitglieder des THW Bergedorf, der seinen Sitz am Sollredder 10 in Wentorf hat. Sie lösen nach fünfjähriger Amtszeit Hanno Arland und Klaus Johannes ab. Mit insgesamt sieben neu besetzten Posten ist damit die gesamte Führung des Ortsverbandes einmal durchgetauscht.

In seiner Rede in der Fahrzeughalle am Sollredder betonte Senator Neumann Stellenwert und Verantwortung des Ehrenamtes. Er freue sich darüber, "dass so viele Helfer Pflicht und Ehre als ihren Lohn anerkennen, ohne zu fragen: 'Was krieg' ich dafür?'"

Mit den fast 100 Aktiven und zwölf Fahrzeugen ist das Führen des Ortsverbandes eine große Verantwortung für die beiden Power-Frauen. "Unsere Herausforderungen sind ernsthaft und real", sagt Curlyn Wengorz, die nun auch bei Auslandseinsätzen die Führungsrolle übernehmen muss. Dabei unterstehen ihr die beiden Bergedorfer THW-Züge. Der eine mit den Spezialgebieten Bergung und Elektro-Versorgung, er andere mit dem Fachgebiet Wasser von dessen Aufbereitung über die Versorgung von Dürregebieten bis zum Abpumpen bei Überschwemmungen. Die Einsatzorte können auf der ganzen Welt liegen - oder gleich nebenan: "Natürlich waren wir auch beim Abpumpen von Bergedorf-Süd nach den Überschwemmungen vom Juni und jetzt im August dabei", sagt THW-Sprecherin Annika-Daniela Klein.

Während diese Anforderungen für Bergedorfs THW-Spezialisten zum Alltag gehören, bereitet dem neuen Führungsduo eine andere Entwicklung Kopfzerbrechen: Nach Abschaffung der Wehrpflicht droht ein Absacken der Mitgliederzahlen. Denn viele junge Männer hatten sich anstelle des Wehrdienstes lieber für sechs Jahre zum Katastrophenschutz im THW verpflichtet. Doch Curlyn Wengorz gibt sich gelassen: "Nach Aussetzung der Wehrpflicht fallen diese Helfer nun zwar weg. Aber sie haben ohnehin nur etwa fünf Prozent unserer Aktiven ausgemacht. Alle anderen stammen aus unser Jugendgruppe, die heute gut 30 Mitglieder im Alter von 11 bis 17 Jahren zählt."

Vorbehalte gegen die weibliche Doppelspitze hat es zumindest bei der Amtseinführung nicht gegeben: "Ich finde das gut, denn es ist schon deutlich entspannter geworden", so Benjamin Koch, Gruppenführer des 1. Zuges.

Tatsächlich sind die Cousinen Curlyn und Mareike, die beide in Bergedorf wohnen, schon seit 15 Jahren dabei. Und sie haben auch zu Hause volle Unterstützung - beide Lebenspartner sind Mitglieder beim THW Bergedorf. "Wenn es aber zum Auslandseinsatz geht, dann muss einer zu Hause bleiben.", verrät Mareike, denn sie ist vor knapp drei Monaten Mutter einer Tochter geworden.

Für die große Feierlichkeit haben die Kameraden über zwei Monate geplant, organisiert und geputzt, um den etwa 100 Gästen einen gelungenen Empfang zu bieten. Neben Michael Neumann war auch Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) zugegen, dessen Tochter Mitglied im THW Bergedorf ist. Ferner dabei: Vertreter des THW-Landesvorstandes, der Politik, der Polizei und ein offizieller Vertreter der Bundeswehr. Mit der Armee, die bei Katastrophen in Deutschland oft selbst zu Hilfe gerufen wird, plant das THW Bergedorf gemeinsame Übungen.

"Unsere Herausforderungen sind ernsthaft und real."

Curlyn Wengorz, Ortsbeauftrage THW Bergedorf