Bergedorf. Tischler zu werden, ist nach wie vor Traum für viele, die einen Handwerksberuf anstreben. Dabei ist die Zahl der Ausbildungsplätze rückläufig und gerade in Bergedorf “sehr überschaubar“.

Einen möglichen Weg in den Beruf ebnen derzeit Michael Glunz und Thorsten Boldt dem 16-jährigen Daniel Ahus. Der Zollenspieker nimmt dafür gern in Kauf, zwischen den Ausbildungsbetrieben in Boberg und Altengamme pendeln zu müssen.

Verbundausbildung heißt das Zauberwort. Daniel lernt den Beruf in zwei hoch spezialisierten Betrieben: Die Tischlerei Glunz am Rudorffweg ist auf Holztreppen spezialisiert, in der ehemaligen Tischlerei Hachmann, heute Thorsten Boldt, am Horster Damm werden Fenster und Türen gefertigt, vor allem aus Kunststoff. "Eigentlich haben sich unsere Betriebe beide zu stark spezialisiert, um noch guten Gewissens allein eine Ausbildung bieten zu können", sagt Michael Glunz. "Gemeinsam ist dies eine ganz andere Sache, bieten wir eine breite Palette", ergänzt Thorsten Boldt.

So einig die beiden Tischlermeister in dieser Einschätzung sind, so rasch haben sie sich auf Daniel als gemeinsamen Azubi verständigt. Mit seinem Abschluss an der Gesamtschule Bergedorf war für ihn klar: "Ich wollte auf jeden Fall eine Ausbildung im Handwerk, ein Bürojob wäre für mich nach zehn Jahren Schule gar nicht gegangen", sagt der junge Zollenspieker. Tatsächlich ist er "vorbelastet". Der Vater Bühnentechniker am Theater, ein Großvater Zimmermann und Tischler, war für Daniel klar: "Holz, das ist mein Werkstoff."

Erfolg gegen 100 Mitbewerber

Dass es mit dem Ausbildungsplatz geklappt hat, war dennoch keine Selbstverständlichkeit, Daniel musste sich gegen fast 100 Mitbewerber durchsetzen. So viele hatten sich auf eine Anzeige des Bergedorfer Ausbildungsverbunds (bav) gemeldet. Marion Beckmann organisiert seit gut einem Jahr unterm Dach von Sprungbrett spezielle Angebote, hat bereits zehn junge Menschen auf neu geschaffene Verbundausbildungsplätze vermittelt. Angehende Kaufleute für Spedition und Logistik ebenso wie Logistiker, Fachlageristen und eben Zimmerleute und Tischler.

Ihr Erfolgsrezept: "Zuerst kontakte ich Firmen, um zu klären, ob die sich einen Ausbildungsverbund vorstellen können. Passt es, wird in persönlichen Gesprächen geklärt, wer welche Ausbildungsinhalte abdecken kann." Bei der Auswahl der richtigen Bewerber ist die Diplom-Kauffrau, frühere Ausbilderin und Personalreferentin behilflich.

Den Tischlereien hat sie nach einer Vorauswahl zwei Bewerber vorgeschlagen. Nach Praktika in den beiden Betrieben zeigten sich die Meister überrascht von der guten Auswahl - und entschieden sich für Daniel. Dass Marion Beckmann bei möglichen Problemen den Betrieben und Azubis zur Seite steht, ist dabei für Thorsten Boldt und Michael Glunz wichtig. "Ein Abiturient hat immer die Berufsschule geschwänzt, flog aus der Ausbildung", erinnert sich Boldt. "Wir hatten mehrere Jahre Pech", ergänzt Glunz. "Sei es, dass Azubis Anforderungen trotz Hilfe nicht erfüllen konnten oder dass sie im letzten Berufsschulblock vor der Prüfung die Lehre geschmissen haben." Solche Erfahrungen sorgten für Einvernehmen zwischen Meister und Gesellen: "Wir haben gesagt, wir brauchen mal eine Pause."

Realschulabschluss nach 13 Jahren

Dass Daniel die richtige Wahl ist, davon sind die Meister und die Diplomkauffrau überzeugt. "Wichtig ist, dass die Eltern dahinter stehen, sich notfalls dahinter klemmen, sonst funktioniert wenig", sagt Beckmann. Dass unentschlossene Jugendliche von ihren Eltern weiter zur Schule geschickt werden, sei häufig keine Lösung: "Manche gehen ziellos immer weiter zur Schule, verlassen diese nach 12, 13 Jahren mit einem Realschulabschluss. Das überzeugt Firmen nur selten."

Für Daniel war dies keine Alternative. Er hat bereits mit angefasst, als hochwertige Treppen etwa in Blankenese aufgestellt wurden, darüber auch schon mal vergessen, den Eltern Bescheid zu sagen, dass er später nach Hause kommt. "Seine Mutter hat dann nachgefragt, wo eigentlich ihr Sohn bleibt", berichtet Glunz schmunzelnd. Als nächstes steht für Daniel ein spezieller Kursus an. "An den teils Computer gesteuerten Maschinen hier in der Werkstatt darf ich erst arbeiten, wenn ich ihn erfolgreich absolviert habe."