An Schulen in einkommensschwachen Stadtteilen sind schon bis zur Hälfte aller Kinder befreit.

Mit 6,8 Millionen Euro haben Hamburgs Eltern im Schuljahr 2007/08 den Löwenanteil der Kosten für neue Schulbücher getragen (74 %). Die Behörde für Schule und Berufsbildung beziffert den eigenen Anteil für den Zeitraum auf 2,4 Millionen Euro. "Solche Angaben sind nicht ehrlich. Die BSB nennt nicht die immensen Verwaltungskosten, die bei der Erhebung des Büchergeldes entstehen", kritisiert Ties Rabe. Angesichts einer Erweiterung der Ausnahmeregeln geht der SPD-Bildungspolitiker in die Offensive: Er fordert die Abschaffung des Elternbeitrages, der in Hamburg unter dem verwirrenden Namen Büchergeld läuft.

Die Eltern zahlen 50, 70 oder 100 Euro je Schuljahr, je nachdem, ob ihr Kind die Klassen 1 bis 4, 5 bis 10 oder die Oberstufe besucht. Familien mit drei oder mehr schulpflichtigen Kindern zahlen die Hälfte. Tatsächlich sind aber bereits viele Familien gänzlich befreit. Mit der geplanten Neuregelung gelte dies künftig für fast jedes vierte Kind. Rabe: "In Hamburg wären es über 34 000 der gut 152 000 Schüler, im Bezirk Bergedorf 2866 von 13 873."

Die Zahl steigt, weil ein weiterer Befreiungsgrund anerkannt wird. Bislang waren Bezieher von Hartz IV (oder Grundsicherung) und von BAföG befreit, zudem Flüchtlinge, die Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Zudem gilt die Lernmittelfreiheit für Kinder und Jugendliche, die außerhalb ihrer Familien leben, in Heimen oder Wohngruppen. Künftig werden auch Familien befreit, die Wohngeld erhalten.

Rabe wollte mit einer Kleinen Anfrage Licht ins Zahlendickicht bringen. Tatsächlich schweigt sich die BSB zu den Kosten aus, die in den Schulen durch zusätzliches Personal für das Erheben von Büchergeld vor allem aber die vielen Ausnahmeregelungen entstehen: "Selbst eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung von BSB-Mitarbeitern ist zum Ergebnis gekommen, dass weiteres Personal benötigt wird. Dabei sind bereits 15 Lehrer- in 20 Verwaltungsstellen umgewandelt worden." Rabe hält nur eine Konsequenz für folgerichtig: "Das ist der völlige Verzicht auf das Büchergeld."

Daran werde in der BSB derzeit nicht gedacht, sagt Pressereferentin Johanna Götze-Weber. Die Kosten-Nutzen-Abwägung habe bei Einführung des Büchergeldes 2005 nicht im Mittelpunkt gestanden: "Das waren die Förderung des Verantwortungsbewusstseins, Heranziehung älterer Schüler zu den Kosten und natürlich die bessere Ausstattung der Schulen." Götze-Weber: "Seit 2005 haben unsere Schulen doppelt so viel Geld für neue Schulbücher ausgegeben als zuvor."

* Die Schulen nehmen, je nach Standort, unterschiedliche Summen ein, abhängig von Einkommenssituation der Eltern. Die Unterschiede sind tatsächlich immens: Während an der Grundschule Sander Straße vergangenes Schuljahr kein Kind vom Büchergeld befreit war, waren es am Friedrich-Frank-Bogen über die Hälfte (50,8 %). Kaum geringer die Bandbreite an den Gesamtschulen: In Kirchwerder zahlten lediglich 7,2 Prozent der Schüler kein Büchergeld, in Neuallermöhe gut 42 Prozent. Rabe: "Man kann an den Zahlen leider nur zu gut ablesen, in welchen Stadtteilen sich Reichtum und Armut ballen."