Bergedorf. Wie kann es gelingen, Jugendliche mit schlechtem oder gar keinem Schulabschluss in Ausbildung und Arbeit zu bringen? Sind neue, niedrigschwellige Berufsausbildungen unterhalb der Gesellenlehre, also etwa zu Handwerksgehilfen, eine Möglichkeit, auch Schulabbrecher in einen geregelten Arbeitsalltag zu holen?

Über dieses eigentlich bundespolitische Thema diskutierte Bergedorfer Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit mit etlichen Referenten. Der Ausschussvorsitzende Peter Aue (CDU), selbst Handwerker, hatte den Anstoß dazu gegeben.

"Wir dürfen diese jungen Menschen nicht vergessen", mahnte Aue. Er macht sich - tariflich klar geregelt, um möglicher finanzieller Ausbeutung zuvorzukommen - für neue niedrigschwellige Ausbildungsangebote stark. Zudem sollten die Ausbildungen so in Module unterteilt werden, dass am Ende niemand mit leeren Händen da steht - auch wenn er oder sie die Lehre bereits nach zwei statt der meist üblichen drei Jahre beendet. Im besseren Fall soll die Ausbildung verlängert und mit der Gesellenprüfung abgeschlossen werden können.

Bei seinen Handwerkskollegen stieß Aue mit seinem Vorschlag jedoch nur bedingt auf Gegenliebe. "Die technischen Anforderungen in unseren Gewerken steigen ständig", sagte Jens-Peter Hagemeier (Landesinnung Sanitär, Heizung, Klempner). Im Gegenzug gebe es ohnehin schon wenig qualifizierte Bewerber. Für eine Gehilfentätigkeit "sehen wir nicht so den Bedarf". Notwendig sei vielmehr eine Hilfe für Betriebe im Umgang mit schwierigen Jugendlichen. Bisher seien die Chefs meist auf sich gestellt, wenn es etwa Schwierigkeiten mit Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Lehrlinge gebe.

Der Einschätzung schlossen sich im wesentlichen auch die Leiter der Bergedorfer Gewerbeschulen G19 und G20 an. "Betreuung müsste nicht nur den schulischen, sondern auch den betrieblichen Bereich umfassen", meinte Ernst Lund (Leiter G19). Wolfgang Horn, Leiter der G20, konnte Aues Vorschlag zumindest teilweise etwas abgewinnen. Es gebe Betriebe, in denen Gehilfen durchaus gefragt seien, "beispielsweise im Küchenbereich", sagte er. Das könne auch für andere Berufe gelten.

Jörg Ungerer, Leiter Bildungspolitik bei der Handwerkskammer Hamburg, verwies darauf, dass es in einigen Gewerken bereits verkürzte, zweijährige Ausbildungsberufe gibt: "Doch viele Absolventen kommen danach nicht in Arbeit." Es helfe nichts, sich mit niedrigschwelligen Ausbildungsangeboten in die Tasche zu lügen: "Die Leute müssen mit ihrem Beruf auch zurechtkommen."

Die Gewerkschaften haben grundsätzliche Bedenken. Dass Firmen auch für einfache Berufe letztlich nur die besseren Realschüler auswählen, fürchtet DGB-Jugendreferent Olaf Schwede: "Der vernünftige Weg besteht darin, auch Schüler mit schlechten Abschlüssen zu fördern und in eine vollwertige Ausbildung zu bringen."

Förderprogramme gibt es bereits einige. Die Angebote in Bergedorf aufzulisten und gezielt einzusetzen, ist laut Peter Aue jetzt das Ziel.

"Viele kommen nach verkürzter Ausbildung nicht in Arbeit." Jörg Ungerer (Handwerkskammer)