Bergedorf (he). Der Auftakt zur Lehrstellen-Hotline war erst schleppend, dann bekamen die Fachleute zu tun. Allerdings anders als erwartet: Bei rund der Hälfte der Anrufer waren gestern weniger Experten-Wissen um Berufschancen und Ausbildungsgänge, um notwendige Qualifikationen und freie Lehrstellen gefragt.

"Was kann ich lernen" oder "Was soll mein Sohn denn werden?" waren die häufigsten Fragen.

"Das ist kaum anders als bei uns in der Berufsberatung", bestätigte Sven-Ole Hanssen von der Agentur für Arbeit in Bergedorf. Auf diese Frage können er und seine Kollegen kaum präzise Antworten geben. "Wir nehmen die Schulabgänger bei der Hand, um sie zu einer eigenen Entscheidung zu führen." Hier seien neben den Schulen auch Familien und Gesellschaft gefordert, sagt Anna Schilling, Lehrerin und Sprecherin der Ausbildungsplatzinitiative.

Zwischen unentschlossen bis wenig engagiert, so erleben Ausbilder manche Bewerber. "Sie müssen sich klar werden, was ihr Berufswunsch ist und sich dafür engagieren", fordert Hauni-Ausbildungsleiter Joachim Schlicht. Wer weder seinen Berufswunsch begründen, noch sagen könne, warum gerade er für die gewünschte Lehrstelle besonders geeignet sei, habe wenig Chancen.

"Bei Bewerbern, die sich im Vorstellungsgespräch engagiert zeigen, einen guten Eindruck hinterlassen, bei denen ist man auch bereit, mal über eine schwache Schulnote hinwegzusehen", sagt Installateurmeister Peter Aue, zugleich Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit der Bezirksversammlung.

"Ohne vorheriges Praktikum erhält auch bei uns niemand eine Lehrstelle", bestätigt Bezirkshandwerksmeister Christian Hamburg die Aussage seines Amtsvorgängers Aue. "Die Bewerber müssen lernen, sich gut zu verkaufen." Dies sei ähnlich wichtig wie das Auftreten gegenüber Kunden. "Wer bei uns als Praktikant mit einem Altgesellen vor Ort gearbeitet hat, von dem wissen wir, ob das funktionieren kann."

Die Handwerksvertreter setzen auf verkürzte Ausbildungsgänge, die mit einer Qualifizierung unterhalb des Gesellenbriefs abschließen: Ansonsten fänden künftig immer weniger der schwächeren Schulabgänger noch einen Ausbildungsplatz, fürchtet auch Hanssen. Bei einer etwa gleichen Zahl Lehrstellen wie 2008, "sind derzeit noch 25 Prozent mehr Stellen im Handwerk unbesetzt, es mangelt an qualifizierten Bewerbern", warnt Hamburg.

Bei der "bz"-Hotline meldeten sich jedoch auch Jugendliche, die klare Vorstellungen haben, etwa Lehrstellen im Tischlerhandwerk oder Einzelhandel suchen. Ein Achtklässler erkundigte sich nach Ausbildungsmöglichkeiten zum Game-Designer (für Computerspiele). Er habe schon einen Eignungstest mit Erfolg absolviert. "Um ihn müssen wir uns keine Sorgen machen", freute sich Schlicht. "Der junge Mann wird seinen Weg machen", ist auch Anna Schilling überzeugt.