Bergedorf. An der Demonstration gegen die Bildungspolitik des schwarz-grünen Senats nehmen heute unter vielen Tausend Demonstranten am Gänsemarkt auch Eltern aus Bergedorf teil.

Während viele Front machen wollen gegen die sechsstufige Primarschule und für den Erhalt der Gymnasien in ihrer jetzigen Form, wehren sich weitere dagegen, dass Hamburg sie, was die Schullaufbahn ihrer Kinder anbelangt, entmündigen wolle: Über die Zulassung zu einem Gymnasium sollen allein die Lehrer entscheiden.

Wieder andere sorgen sich um den Erhalt kleiner Schulen, eine Vielzahl fordert von der Bildungsbehörde schlüssige Konzepte, bevor über die Zukunft von Schulstandorten entschieden wird. Hamburgs Eltern reagieren mit wachsender Verunsicherung auf die Flut scheinbar ungeordneter Reformvorhaben von Profil-Oberstufen und Turbo-Abitur über die weitgehende Abschaffung von Noten bis zur Neuordnung der gesamten Schullandschaft. Die Behörde agiert zunehmend dünnhäutig: Artikulieren Elternvertreter der Regionalen Schulentwicklungskonferenzen (RSK) ihren Unmut über schlampige Vorbereitungen, kritisieren gar offen die Schulbehörde für das ungeordnete Verfahren oder von oben verfügte Beschränkungen der Beratungen, versucht die Behörde sie über die jeweiligen Schulen zur Ordnung zu rufen. "Schreiben sie bloß meinen Namen nicht, ich will nicht, dass unsere Schulleitung wegen mir noch mal Ärger bekommt", bittet ein Elternrat.

Tatsächlich stehen besonders die Leiter der Grundschulen unter enormem Druck, müssen sie sich doch alle erneut um die Leitung, dann einer Primarschule, bewerben. "Entscheiden will allein die Behördenleitung - unter Umgehung demokratischer Verfahren - weil dafür angeblich die Zeit zu knapp sei", bestätigt Ties Rabe, schulpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion.

Eltern, die sich schriftlich bei Senatorin Christa Goetsch (GAL) beschweren, wie etwa der Elternrat des Gymnasiums Allermöhe, erhalten von Behördenseite dagegen keine Antwort, sagt Stefanie Krüger, Elternratsvorsitzende am Neuallermöher Gymnasium. Sie ist selbst RSK-Mitglied, will heute auch demonstrieren.

Die zweifache Mutter will weiter kämpfen, "aber immer mehr Elternvertreter in den RSK denken entnervt ans Aufhören: Viele wollen sich nicht für Dinge in die Verantwortung nehmen lassen, auf die sie keinen Einfluss nehmen können."

In Bergedorfs RSK ist es während vier Beratungsrunden lediglich um Schulstandorte sowie mögliche oder notwendige Kooperationen gegangen. "Inhaltliche Beratungen wurden sofort abgewürgt", bestätigt ein Teilnehmer, "doch wie soll über Standorte und Kooperationen beraten werden, wenn die Strukturen nicht zuvor geklärt sind?"

In Bergedorf mit seinen vielen kleinen Grundschulen im weitläufigen Landgebiet ist die Situation besonders schwierig: Während vereinzelte RSK ihre Standortempfehlungen bereits abgegeben haben, ist in Bergedorf für Anfang Mai eine weitere Sitzung anberaumt.

Inzwischen wachsen Befürchtungen, dass Bestandsgarantien für kleine Grundschulen wie Mittlerer Landweg oder Altengamme und für alle fünf Gymnasien im Bezirk eine kurze Verfallszeit haben. So hat das Gymnasium Allermöhe für das kommende Schuljahr 111 Neuanmeldungen, 49 Viertklässler davon sind ohne Gymnasialempfehlung. 62 Fünftklässler wären aber entschieden zu wenige, um die geforderte Dreizügigkeit zu garantieren. Rabe warnt, "die Schulbehörde plant ein Schulsterben auf Raten, anstatt Entscheidungen zu treffen". Für einen großen, kinderreichen Stadtteil wie Neuallermöhe "ist der Fortbestand des Gymnasiums sehr wichtig".

"Bitte meinen Namen nicht nennen, sonst bekommt die Schulleitung Ärger."

Ein Elternvertreter