Tatenberg. Ute Behrendt verschenkt Zeit. “Jeder Mensch sollte Mensch sein dürfen bis ganz zuletzt noch nach dem Tod“, sagt die 67-Jährige aus Tatenberg.

Und so wurde die frühere Gemeindekrankenschwester und Pflegedienstleitung bei der Sozialstation Sterbebegleiterin. Sie war Initiatorin des Bergedorfer Hospizvereins vor acht Jahren, betreut heute ambulant mit ihrem 20-köpfigen Mitarbeiterteam Sterbende und Schwerstkranke. "Ich möchte dazu beitragen, dass das Sterben menschenwürdig und liebevoll begleitet geschieht. Zum Leben gehört wie die Geburt auch das Sterben. Zu oft habe ich in meiner Zeit als Krankenschwester auf der Intensivstation miterlebt, dass Menschen einsam und belastet gegangen sind. Ich möchte diese letzte Phase des Lebens mit meiner Hospizarbeit für Sterbende und Schwerkranke begleiten und mit Sinn erfüllen, Sorgen und Nöte, Freude und Hoffnung teilen."

Der Verein hat aktuell 200 Mitglieder, finanziert seine ehrenamtliche Betreuung nur mit Hilfe von Spenden - auch die Bezahlung der Fachkräfte, wie Dozenten, Supervisoren und die auf Palliativ-(Schmerz)medizin spezialisierte Krankenschwester. Sie koordiniert auch das Büro an der Riehlstraße 64 in Lohbrügge, die 24-Stunden-Hotline (040/ 72 10 66 72) und den Einsatz der Ehrenamtlichen.

Die Angehörigen sind froh, zu Hause oder im Pflegeheim zeitliche sowie psychische Entlastung durch Ute Behrendts Initiative zu bekommen. "Wer sich um sterbende oder schwerkranke Menschen kümmert, muss auch Erholungsphasen genießen, um einfach nur mal zum Friseur gehen zu können, ungestört einkaufen zu gehen oder sich anderweitig ein paar Stunden zu entspannen. Da springen wir ein, bleiben auch nachts und am Wochenende beim Patienten, wenn es sein muss", sagt Behrendt. Sie hält eine gründliche Ausbildung der Helfer für unerlässlich. "Sterbende haben eine eigene Sprache, für die man eine große Sensibilität und fundamentale Kenntnisse braucht. Mancher möchte reden, ein anderer lieber schweigen. Noch einem tut eine liebevolle Berührung gut. Das muss man erst erspüren. Deshalb legen wir riesigen Wert auf die Vorbereitung für so eine Tätigkeit. Und die Chemie zwischen Patienten und Begleiter muss auch stimmen, damit sich Vertrauen entwickelt. Danach werden unsere Einsatzpläne gemacht."

Manchmal müsse man auch Vermittler zwischen Angehörigen und Schwerkranken sein. "Das ist oft nicht leicht", so die Tatenbergerin.

Dass das Konzept für ein stationäres Hospiz in Reinbek wegen fehlenden Investoren-Interesses nicht verwirklicht werden kann, ficht Ute Behrendt nicht an: "Dafür bauen wir unsere ambulante Versorgung weiter aus, kooperieren noch enger mit den ansässigen Pflegediensten und Ärzten, so dass die Vernetzung und Qualität unserer Arbeit noch besser wird, eine großräumige Versorgung möglich wird."

Stolz ist Ute Behrendt auf die Hospiz-Hotline. Durch sie haben betroffene und Angehörige oder Freunde die Möglichkeit, rund um die Uhr einen Experten erreichen zu können, der ihnen brennende Fragen beantwortet. "Dieser Kontakt ist deutschlandweit einmalig - es rufen uns auch Menschen von weither an, die diesen Service nutzen möchten, Rat brauchen. Wir lassen niemanden allein. Das Telefon ist täglich 24 Stunden besetzt, es gibt keinen Anrufbeantworter, sondern nur echte Hotline-Mitarbeiter", versichert Behrendt. Bis zu 20 Anrufe laufen wöchentlich auf. Neben ihrer Begleitertätigkeit ist Ute Behrendt noch in Sachen Aufklärung bei Veranstaltungen unterwegs, informiert über ihren Verein. "Ein wenig Werbung tut Not", sagt sie lachend. Entspannung findet die Oma von vier Enkeln beim Basteln, Gärtnern oder bei ihrem Hobby Kalligraphie.

Durch die "zahlreichen abschreckenden Beispiele", wie Menschen häufig im Krankenhaus sterben müssten, fasste die gelernte Kinderkrankenschwester bereits kurz vor Ende ihrer beruflichen Laufbahn den Entschluss, "diese Dinge durch mein persönliches Engagement zu ändern". Sie setzte ihn 2001 mit Unterstützung Gleichgesinnter in die Tat um. "Menschen waren mir schon immer unendlich wichtig. Wir haben nicht lange überlegt, sondern sofort angefangen und unser Projekt öffentlich gemacht. Die Hilfe wurde schnell und dankbar angenommen."

Ute Behrendt ruft auch andere Menschen, "die Zeit zu verschenken haben", zu mehr Tatkraft und Mut auf: "Wer seine professionell erworbenen Fähigkeiten und Kompetenzen weiter einbringen will, findet immer etwas im ehrenamtlichen Bereich." Wer sich für Hospizarbeit interessiert, kann sich bei der Hotline melden.