Bergedorf. Die Bummelbaustelle auf dem alten ZOB treibt die Geschäfte um den Bahnhof immer tiefer in die Krise. Diverse Inhaber denken angesichts von Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent ans Aufgeben.

"Ich bin gezwungen aufzugeben, wenn ich keine erhebliche Reduzierung meiner Mietbelastung erreiche", sagt Wilfried Schmieder, Inhaber von Schlemmer Schmieder. 5000 Euro im Monat seien derzeit nicht zu erwirtschaften. "Ich bin 54 Jahre im Beruf, eine solche Situation habe ich noch nicht erlebt", klagt der 69-jährige Schlachtermeister.

So schlimm trifft es Woolworth nicht, doch verzeichnet das Unternehmen erhebliche Einbrüche: "Mit der wegbleibenden Laufkundschaft verzeichnen wir zweistellige Umsatzrückgänge", sagt Geschäftsführer Andreas Wimbert. Derzeit befände sich der Weidenbaumsweg in einer Art Insellage, "die Kunden werden geradezu um uns herum geführt". Einen erheblichen Rückgang an Laufkundschaft verzeichnet auch Radio Zeh. "Müssten wir vonihnen leben, wäre das schon bedrohlich", sagt Maren Albrecht. "Zum Glück steuern uns die meisten Kunden aber gezielt an."

Seit knapp 15 Jahren betreibt Klaus Fieberg-Killmey "Fieberg Naturschuh" Am Bahnhof 21. Als einzig verbliebener Schuhmachermeister in Bergedorf hat er zwar viele Stammkunden, die sogar aus Reinbek oder Wentorf. "Aber was soll ich meinen Kunden sagen, wenn sie keinen Parkplatz finden und hier den ganzen Tag die Polizei patrouilliert und Falschparker aufschreibt?" Am schlimmsten sei die Situation im Sommer gewesen, als Autofahrer den Weidenbaumsweg von der B 5 aus gar nicht erreichen konnten. "Mein Umsatz ging so stark zurück, dass ich ans Aufgeben gedacht habe", sagt der 54-Jährige. Er hoffe, dass sich Bergedorfer Verwaltung und Grundeigentümer zusammentun, um gemeinsam ein Konzept zur Unterstützung der kleinen Geschäfte zu entwickeln, "und zwar hoffentlich, bevor das Gros von uns Konkurs anmelden musste".

Solche Hoffnungen hat Ismail Uzun vom Güven Markt am Weidenbaumsweg 19 kaum noch. Der 44-Jährige kontaktierte bereits mehrfach seinen Vermieter _ ohne Erfolg: "Wir machen 70 Prozent weniger Umsatz, ich musste von sieben Mitarbeitern dreien kündigen, um Kosten einzusparen, aber er sagt nur, das sei nicht sein Problem." Besonders enttäuscht ist Uzun vom Treffen mit Dr. Christoph Krupp, der die Betroffenen in dieser Woche zu einer Besprechung ins Rathaus eingeladen hatte. Der Bezirksamtsleiter habe zwar den Geschäftsleuten sein Bedauern über ihre prekäre Lage ausgesprochen, aber keinerlei Hilfe in Aussicht gestellt. "Es muss doch möglich sein, einen provisorischen Weg zu schaffen, damit die Leute ohne Umweg vom Fachmarkzentrum zu uns gelangen können, wir aus dem toten Winkel rauskommen."

Gute Umsatzchancen an diesem vormals attraktiven Standort hatte sich der Wandsbeker Bikas Makkar ausgerechnet, als er vor vier Jahren am Weidenbaumsweg 13 seinen Toto-Lotto-Laden eröffnete. Seit jedoch das Bauvorhaben zur Bummelbaustelle verkommen ist, sind seine Einnahmen um die Hälfte geschrumpft, kämpft er ums Überleben "Ich habe selbst Betriebswirtschaft studiert, doch schon mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass bei so großen Projekten vor dem Startschuss genau geprüft werden muss, ob die notwendigen Genehmigungen vorliegen und die Finanzierung steht", macht der 29-Jährige seinem Unmut Luft.

Eine Sorge weniger hat Hartmut Huhn, Inhaber von Optiker Huhn am Weidenbaumsweg 5. Zumindest fällt für ihn als Eigentümer des Hauses der Posten Miete weg, so dass seine Existenz nicht akut bedroht ist. Doch nach fast 40 Jahren am Ort, in denen sein Geschäft nach eigenen Angaben nie ernsthaft schlecht lief, verzeichnet der 73-Jährige Einbußen wie noch nie.