Jugendliche Intensivtäter verletzten Mann am S-Bahnhof Allermöhe sehr schwer. Polizei hatte sie bereits wegen mehrerer Raubtaten im Visier.

Hamburg. Das Opfer liegt noch immer im Krankenhaus - und wird es auch so schnell nicht verlassen können: Die Schädelfraktur, der gebrochene Kiefer und das zertrümmerte Felsenbein sowie die Wunden der ausgeschlagenen Zähne werden noch zahlreiche Operationen nötig machen. Am Nachmittag des vergangenen Sonnabends waren der 35-jährige Sven Sch. wie auch sein Onkel Matthias Sch., 45, am Bahnhof Allermöhe von zwei Jugendlichen zusammengeschlagen worden. Die 17-Jährigen, die Sven Sch. die Frakturen zufügten, sitzen seit gestern in Untersuchungshaft. Sie sind der Polizei seit Langem als Intensivtäter bekannt.

Obwohl sich die Verdächtigen gegenüber Polizei und Haftrichter nicht zu dem Gewaltausbruch äußerten, dürfte die Beweislage erdrückend sein: Videokameras auf dem Bahnhof Allermöhe dokumentierten offenbar die hemmungslose Gewalt, die Bekdaur G. und Selam A. ihren Opfern antaten. Laut ersten Ermittlungen schlugen und traten die 17-Jährigen auf die älteren Männer ein. Rechtsmediziner sicherten später Spuren von Schuhsohlen im Gesicht des schwer verletzten jüngeren Mannes. "Der Haftbefehl gegen G. lautet auf versuchten Totschlag. A. wird der schweren Körperverletzung beschuldigt", sagt Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Vor der Prügelattacke waren sich Täter und Opfer in der S 21 vom Hauptbahnhof nach Bergedorf begegnet. Auch dies geschah vor Überwachungskameras: Die Jugendlichen gingen demnach mehrfach auf die späteren Opfer zu, provozierten sie. Die 35 und 45 Jahre alten Männer redeten offenbar beschwichtigend auf die Jugendlichen ein. Offensichtlich erfolglos. Am Bahnhof Allermöhe stiegen Sven und Matthias Sch. aus der Bahn. Die Jugendlichen folgten ihnen. Dann kam es zu den verhängnisvollen Schlägen und Tritten.

Die verletzten Verwandten riefen die Polizei, fuhren mit den Beamten zur Wache, um dort eine Zeugenaussage zu machen und Täterbeschreibungen zu hinterlassen. Im Kommissariat Bergedorf brach Sven Sch. zusammen.

Er kam dann ins Krankenhaus Harburg, wurde ins Koma versetzt. Chirurgen versorgten die schwersten Wunden, fixierten die gebrochenen Schädelknochen. Parallel sicherten Kripobeamte die Bilder der Tatverdächtigen aus der Überwachungskamera und verteilten sie an die Kollegen. Sie bekamen eine schnelle Rückmeldung: Beamte der Dienststelle ZD 66, die sich um jugendliche Intensivtäter kümmert, erkannten zwei ihrer Stammkunden wieder: Bekdaur G. und Selam A., die bislang hauptsächlich durch Raubtaten und Diebstahlsdelikte aufgefallen waren. Sie sollen Teil einer in Allermöhe ansässigen Bande junger Tschetschenen sein, die in den vergangenen Monaten vor allem in Lohbrügge und Bergedorf Kioske und Tankstellen überfielen und Bargeld sowie Zigaretten stahlen.

Außerdem stehen Mitglieder der Gruppe im Verdacht, Banderolen von Zigarettenschachteln gefälscht zu haben. Insgesamt zwölf Fälle lastet die Polizei den Verdächtigen an. Für gestern Morgen hatten Polizei und Staatsanwaltschaft ohnehin eine Hausdurchsuchung bei Mitgliedern der Bande anberaumt.

Im Zuge dieser Maßnahme offenbarten die Fahnder den Verdächtigen, dass nun auch wegen der brutalen Attacke vom Bahnhof Allermöhe gegen sie ermittelt werde. Wegen Fluchtgefahr schickte ein Haftrichter sie am Abend ins Untersuchungsgefängnis. Dass sie bei der Polizei als Intensivtäter gelten, liegt sowohl an der Vielzahl als auch an der Art und Weise ihrer Taten. Binnen kurzer Zeit waren sie mehrfach mit schweren Rauben aufgefallen. Beide mutmaßlichen Täter lassen sich durch Anwälte vertreten.