Themen: Der Bundespräsident ist besorgt +++ Hamburgs Wohnungsbau bricht ein +++ Bahnhof Diebsteich startet als Provisorium

Bürger mitnehmen

24. Mai: „‘Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu‘. 75 Jahre Grundgesetz: Die Republik feiert sich selbst – ihr Bundespräsident ist besorgt“

Rauere, härtere Zeiten? Epochaler Bruch? Worte wie diese des Bundespräsidenten hat man in der Vergangenheit in ähnlicher Bedeutung bereits mehrfach gehört. Also nichts wirklich Neues, was da in Berlin anlässlich der Jubiläums-Feier zum 75jährigen Bestehen des Grundgesetzes und 35 Jahre friedlicher Revolution geäußert wurde. Den aktuellen Geschehnissen im eigenen Land (und über die Grenzen hinweg geschuldet) ist es wichtiger denn je, unsere Demokratie zu schützen. Soll dieses im Sinne des großen Ganzen gelingen, muss die Politik, müssen die Politiker aller Couleur mit entsprechendem Vorbild agieren, sie sollten als positive Leitbilder vorangehen. Wenn sehr viele Bürger in diesem Land von Politikern, die überwiegend ihre eigenen Ideologien verfolgen und das ohne Rücksicht auf Verluste, wenn also der Bürger mit dadurch entstandenen existentiellen Ängsten nicht mehr wahrgenommen, nicht mehr mitgenommen wird, dann sehe ich den Fortbestand einer weiterhin funktionierenden Demokratie in Gefahr. Das gemeinsame Ganze zu beschützen und zu bewahren, hat nur eine Chance: Endlich wieder das Wohl der eigenen Bürger, des eigenen Volkes, in den dringend erforderlichen Focus zu rücken.

Silvia Böker

Hamburg ist übervoll

24. Mai: „Hamburgs Wohnungsbau bricht ein – ‚größte Krise seit Jahrzehnten‘. In der Hansestadt entstehen so wenige Neubauten wie seit 2012 nicht mehr. Tendenz: sinkend“

Es wurden ja in den letzten Jahren sehr viele Wohnungen gebaut in Hamburg, aber warum sollte es denn immer so weitergehen? Bei dem Wohnungsbau der letzten Jahre wurden so viele Grünflächen vernichtet wie nie. Außerdem wurde in Hinterhöfen nachverdichtet, was das Zeug hält und damit bisherigen Bewohner das Licht und die Luft zum Atmen genommen. Irgendwann ist eben auch mal Schluss, und man sollte auch mal erkennen, dass die Menschen auch noch einen gewissen Freiraum zum Leben haben möchten bzw. haben müssen, sonst steigt das Konfliktpotenzial nämlich weiter. Die Stadt war einmal geplant für rund 1,7 Millionen Bewohner. Jetzt sind wir bald bei zwei Millionen. Voll ist eben voll, und Hamburg ist inzwischen übervoll.

Holger Karstens, Ottensen

Bedenken kommen zu spät

24. Mai: „Aurubis-Chef: ‚Ich hätte gerne weitergemacht‘. Roland Harings über seine vorzeitige Trennung, Todesfälle im Werk, den großen Metallklau und eine Millionen-Abfindung“

Die Bedenken von Aurubis-Vorstandschef Roland Harings zur Sicherstellung einer stabilen Energieversorgung für sein Werk kommen Jahre zu spät. Das Kraftwerk Moorburg war eines der modernsten Kohlekraftwerke Deutschlands. Es ging erst 2015 ans Netz, verfügte über eine Leistung von 1650 MW und war nur sieben Kilometer von Aurubis entfernt. Im Juli 2021 wurde es stillgelegt und wird nun rückgebaut. Nun soll ein eigenes Kraftwerk auf dem Werksgelände die Sicherheit bringen. Hoffentlich kommt es ohne fossile Brennstoffe aus. Sonst haben wir ein Déjà-vu.

Bernhard Weimann, Stelle

Planung enthält Mängel

23. Mai: „Senat bestätigt: Bahnhof Diebsteich startet als Provisorium. Wegen des Verbindungsbahnentlastungstunnels wird das Empfangsgebäude später fertig. Linke sieht ‚kein Licht am Ende des Tunnels‘“

Umplanung, Verzögerung: eine Chance für die Vernunft, eine Chance für neues Nachdenken? Hoffentlich. Denn die aktuelle Planung enthält Mängel, die noch überwunden werden könnten: Der neue Bahnhof soll nicht nur ein nach Diebsteich verlegter Haltepunkt für Fernzüge werden, auch die hochfrequentierten Umsteigebeziehungen Bus-S-Bahn, Bus-Fernbahn, S-Bahn-Fernbahn, S-Bahn/Fernbahn-Taxi, privater Bring-und-Abholservice werden zum Bahnhof Diebsteich verlagert werden müssen. Doch wo halten und warten Busse, Taxis und private Pkw? Dafür wird die geplante Bordsteinlänge vor dem Empfangsgebäude auf der Ostseite nicht reichen. Da wäre es doch vernünftig, die Bushaltestellen an einen weiteren Bahnsteig zwischen dem Empfangsgebäude und den übrigen Bahnsteigen anzuordnen: Hamburg könnte am Bahnhof Diebsteich die kürzeste, direkteste Umsteigebeziehung Bahn-Bus anbieten. Und die Architektur: auf einem Flachbau in zwei Türmen verteilte Baumassen im Stile der 60er- Jahre.

Hans Lafrenz

Überfällige Reform

21. Mai: „So gelingt die Altersvorsorge ab 50. Experten verraten, wie Sie sich auch spät noch ein Vermögen für den Ruhestand aufbauen“

Der Artikel geht in fast schon naiver Art und Weise an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei. Es heißt dort, man solle sich einen Überblick darüber verschaffen, welche Geldquellen man im Alter zu erwarten habe, z. B. Betriebsrenten, Kapitalerträge, ein Erbe? Und, man solle seinen Bedarf im Ruhestand ruhig etwas großzügiger planen, damit man sich im Ruhestand etwas gönnen kann. Fakt ist, dass heute viele Familien auch in späteren Jahren keinen Spielraum haben, sich zusätzlich zur gesetzlichen Rente Kapital anzusparen. Ist die Rente dann da, realisiert sich eine spürbare Rentenlücke. Der Handlungsspielraum für den Einzelnen ist gleich null und damit gänzlich anders gelagert, als durch den Artikel suggeriert wird. Die einzige Lösung für Menschen mit geringem Einkommen ist die seit Jahren überfällige Reform der gesetzlichen Rentenversicherung.

Jost Schwaner

Maßstäbe verrutscht

22. Mai: „Kritik an Strafgerichtshof in Den Haag hält an. Scholz: Gräueltaten der Hamas nicht mit Israels Kriegsführung vergleichbar“

Olaf Scholz und Joe Biden haben recht mit ihrer Kritik an Karim Khan. Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) sorgt für erhebliche Zweifel an der Legitimität dieser Institution. Als die Mörder der Hamas im Oktober 2023 Israel überfielen, Frauen vergewaltigten, ihnen Brüste abschnitten, Junge, Alte und kleine Kinder abschlachteten oder verschleppten, sah er keinen Anlass, gegen deren Führer vorzugehen. Jetzt will er Hamas und Israel gleichermaßen anklagen. Bei Khan sind die Maßstäbe anscheinend ziemlich verrutscht. Er ist blind für die Verbrechen der islamischen Terroristen und penibel bei der Verfolgung der einzigen Demokratie in der Region. Dass Israel nicht alles richtig machen kann, wenn sich die Terroristen hinter Kindern und in Krankenhäusern verstecken, ist nicht zu übersehen. Daraus ein Verbrechen konstruieren zu wollen, zeugt von einer degoutanten Parteinahme für die Sichtweise der Diktaturen und Kleptokratien des Globalen Südens. Diese haben Israel zum Sündenbock für ihre eigene Bevölkerung gemacht. Gegen Israel wird bei jeder sich bietenden Gelegenheit mobil gemacht, während man Hunderttausende von Opfern der arabischen Kriege und Bürgerkriege ignoriert. Die iranischen Politiker, die Zehntausende von Kindersoldaten in die Minenfelder jagten, brauchten den IStGH nicht zu fürchten. Das gilt auch für die Täter des seit Kurzem tobenden Bürgerkriegs im Sudan (übrigens Mitglied im UN-Menschenrechtsrat), der jetzt schon mehr Opfer forderte als der gesamte Gaza-Krieg. Die eine Seite wird vom Iran unterstützt, die andere von den Vereinigten Arabischen Emiraten. Doch das spielt im Globalen Süden und in Den Haag keine Rolle. Dass der IStGH dabei mitspielt, zeigt, dass man am Nutzen dieses Gerichts für die Menschenrechte ernsthaft zweifeln muss.

Matthias Soyka

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