Kiel (dpa/lno). Die Kitas in Schleswig-Holstein haben zahlreiche Probleme und eine Finanzierungslücke. Mit einer Gesetzesreform sollen die Probleme gelöst werden. Kritik kommt aus der Opposition.

Gemäß dem Motto „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“ hat Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré die Eckpunkte für ein neues Kita-Gesetz vorgestellt. „Es wird deutlich, dass der Wunsch nach mehr Verlässlichkeit in der Betreuung, mehr Flexibilität und weniger Bürokratie, gesicherte und mehr Qualität und eine faire Aufteilung der Finanzierung flächendeckend ist“, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch im Kieler Landtag. Das bisherige Kita-System sei zu praxisfern und stehe auf wackeligen finanziellen Füßen.

Trotz jährlicher Ausgaben von 1,8 Milliarden Euro sei das System an einigen Stellen unterfinanziert. Insgesamt gebe es eine Finanzierungslücke von etwa 120 Millionen Euro. Diese soll im kommenden Gesetz vor allem durch einen Bürokratieabbau und einen neuen Anstellungsschlüssel geschlossen werden.

Mit dem neuen Schlüssel soll der Gruppenbezug entfallen, Kitas sollen zukünftig vor Ort ihr Personal selber flexibler einsetzen können und finanzielle Mittel zielgerichteter eingesetzt werden. Dabei gilt laut Touré auch weiterhin der Standard von zwei Fachkräften pro Kita-Gruppe - dieser könne zwar leicht abgesenkt werden, dürfe aber die Größe von 1,5 Fachkräften pro Gruppe nicht unterschreiten.

So könne beispielsweise morgens oder nachmittags, wenn nicht so viele Kinder in der Gruppe betreut werden, weniger Personal zum Einsatz kommen und in den Hauptbetreuungszeiten entsprechend mehr. Die Kitas könnten dann entscheiden, wann welche Personen wie lange in den jeweiligen Gruppen anwesend sind. Das Land solle dabei Regelung nicht vorgeben, sondern nur den gesetzlichen Rahmen gestalten, so Touré.

Ferner sollen die Kosten für die Eltern nicht steigen und die Fachkräfte gestärkt werden. Für zusätzliches Personal sind 14 Millionen Euro von Land und Kommunen im Jahr 2025 und 36 Millionen Euro jährlich ab 2026 vorgesehen. Zudem sollen kleine Kitas, die nur eine Betreuungsgruppe haben, zusätzliche Unterstützung erhalten. Diese Einrichtungen machen der Sozialministerin zufolge rund 13 Prozent aller Einrichtungen in Schleswig-Holstein aus.

Der ehemalige Sozialminister Heiner Garg (FDP) begrüßte, dass die Sozialministerin einer Beitragserhöhung für die Eltern eine Absage erteilt habe und das Kita-System flexibler machen wolle. Zudem könnte der Anstellungsschlüssel auch zu mehr Verlässlichkeit an den Kitas führen. Er kündigte zudem an, weiterhin jede Maßnahme ganz genau anzuschauen und diese im Zweifel zu kritisieren.

Doch nicht alle Oppositionsfraktionen zeigten sich den von der Sozialministerin vorgestellten Schwerpunkten derart offen gegenüber: Die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli bemängelte, dass bereits Mindeststandards in das bestehende Gesetz geschrieben worden seien und diese nun unter dem Deckmantel der Flexibilisierung noch weiter unterschritten werden sollten. „Ich nenne das Sozialabbau nach Kassenlage“, kritisierte sie.

Der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer erwartet ebenso, dass die Mindeststandards durch die in den Eckpunkten genannten Lösungen nicht zu mehr Qualität in der Praxis führen werden. Zudem müssten auch Lösungen für die mehr als 15.000 fehlenden Krippen- und Kitaplätze gefunden und mehr für die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen getan werden.

Vor der Vorstellung der Eckpunkte hatte es bereits eine langwierige Evaluation des bisherigen Kita-Systems gegeben. Im September soll dann die kommende Kita-Reform in die erste Lesung gehen. Die zweite Lesung folgt voraussichtlich im November - die Novelle soll dann im Januar 2025 in Kraft treten.