Hamburg (dpa/lno). In Hamburg sind in den letzten Jahren immer wieder Volksinitiativen und Bürgerbegehren gescheitert. Laut dem Verein „Mehr Demokratie“ liegt das auch daran, dass die Verfahren noch nicht digital sind.

Volksinitiativen und Bürgerbegehren werden in Hamburg nach Ansicht des Vereins „Mehr Demokratie“ durch fehlende Digitalisierung erschwert. „Ein großes Problem ist, dass man heute noch immer mit großem personellem Aufwand die Unterschriften auf Papier auf der Straße sammeln muss“, sagte Helena Peltonen-Gassmann, Mitglied im Hamburger Landesvorstand von „Mehr Demokratie“, der Deutschen Presse-Agentur. Viele Bürger seien auch zurückhaltend beim Eintragen ihrer personenbezogenen Daten auf der Straße. „Hamburg ist stolz auf seine Spitzenstellung bei Digitalisierung unter den Bundesländern, aber davon haben die Bürgerinnen und Bürger bei Nutzung ihrer Beteiligungsverfahren keinerlei Verbesserungen erfahren“, kritisierte Peltonen-Gassmann.

Da Volksinitiativen der ersten Stufe auf Landesebene und Bürgerbegehren auf Bezirksebene keinerlei Verbindlichkeit für die Verwaltung hätten, seien einfache digitale Identifikationsverfahren in diesen Fällen ausreichend. „Außerdem verfügen immer mehr Bürgerinnen und Bürger über elektronische Personalausweise oder eine BundID, die man bei Dienstleistungen des Staates anwenden kann. Warum also nicht bei einfachen Beteiligungsverfahren?“ Der Verein setzt sich bundesweit für direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung ein.

19 Volksinitiativen seit 2018 in Hamburg

In der Hansestadt sind 19 Volksinitiativen seit 2018 gestartet und davon 13 abgeschlossen worden. Fünf von ihnen wurden vom Hamburgischen Verfassungsgericht als unzulässig geurteilt. Zwei Initiativen - „Tschüss Kohle“ und „Radentscheid Hamburg“ - endeten im Kompromiss mit dem Senat. Auch die Doppel-Initiativen zum Thema „Keine Profite mit Boden & Miete“ wurden nach politischen Zusagen der rot-grünen Regierungskoalition zurückgenommen. Die übrigen Initiativen scheiterten laut „Mehr Demokratie“ an zu wenigen Unterschriften oder mangelnden Ressourcen.

Sechs weitere Volksinitiativen, die seit 2022 gestartet wurden, sind derzeit noch offen: Eine gegen elektronische Werbeplakate, eine für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen, eine zur Wiedereinführung von G9 an Schulen, eine gegen Gendern in der Verwaltung, eine für ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie als jüngste Initiative der „Zukunftsentscheid“ zur Verbesserung des Hamburger Klimaschutzgesetzes.

21 Bürgerbegehren auf Bezirksebene seit 2018

Auf Bezirksebene wurden dem Demokratieverein zufolge seit 2018 21 Bürgerbegehren gestartet, von denen 20 bereits abgeschlossen wurden. Zehn endeten demnach erfolgreich, fünf wurden von den zentralen Fachbehörden für unzulässig erklärt. Drei seien an zu wenigen Unterschriften oder Ressourcen gescheitert, zwei in einem Kompromiss mit der Bezirksversammlung geendet. Auffällig sei, dass sich in den vergangenen Jahren viele Volksinitiativen und Bürgerbegehren für mehr Nachhaltigkeit einsetzten, sagte Peltonen-Gassmann weiter.

Seit 2014 hat es in Hamburg kein erfolgreiches Volksbegehren - also die zweite Stufe nach der Volksinitiative - mehr gegeben. Einen Volksentscheid als dritte Stufe gab es zuletzt 2013: „Unser Hamburg - unser Netz“ drehte sich um die Rekommunalisierung der Energienetze. Die Bürgerinnen und Bürger entschieden damals, dass die Stadt die Netze von den Energiekonzernen zurückkaufen musste.

Beteiligungsverfahren auf zwei Ebenen

Bürgerbegehren ermöglichen Menschen, sich bei konkreten kommunalpolitischen Fragen einzubringen. Die Initiatorinnen und Initiatoren zeigen das Begehren an - in Hamburg bei der jeweiligen Bezirksversammlung - und haben dann sechs Monate Zeit, Unterschriften für das Anliegen zu sammeln. Je nach Einwohnerzahl des Bezirks müssen zwei bis drei Prozent der Wahlberechtigten unterschreiben. Kommen genug Unterschriften zusammen, kann die Bezirksversammlung dem Begehren zustimmen. Andernfalls stimmen die Wahlberechtigten des Bezirks in einem Bürgerentscheid über die Frage ab. Die Bezirksversammlung kann in dem Fall auch einen Gegenvorschlag einreichen, über den mit abgestimmt wird. Bürgerbegehren und -entscheid haben allerdings keine rechtlich bindende Wirkung.

Volksinitiativen sind Beteiligungsverfahren auf Landesebene. Auch hier steht an erster Stelle die Unterschriftensammlung. Wenn innerhalb von sechs Monaten mindestens 10.000 Unterschriften erreicht werden, wird der Gesetzesvorschlag in der Hamburgischen Bürgerschaft behandelt. Lehnt die Bürgerschaft den Vorschlag ab, kann die Initiative als zweiten Schritt ein Volksbegehren einleiten. Auch hier müssen Unterschriften gesammelt werden: Mindestens fünf Prozent der Wahlberechtigten müssen innerhalb von 21 Tagen unterzeichnen. Gelingt dies, gibt es einen Volksentscheid. Hier kann die Bürgerschaft eine Gegenvorlage zur Abstimmung stellen. Anders als bei Bürgerentscheiden ist das Ergebnis eines Volksentscheids für den Senat rechtlich bindend.