Kiel (dpa/lno). Das Zweitliga-Nordduell des HSV gegen Holstein Kiel ist diesmal etwas Besonderes. Die Rollen sind vertauscht. Die Kieler reisen als Tabellenerste an. Der HSV muss erst einmal Hausaufgaben machen.

Von einem Alles-oder-nichts-Spiel wollte HSV-Trainer Stefan Baumgart nicht sprechen. Dass der Druck vor dem Topspiel am Samstag (20.30 Uhr/Sky und Sport1) gegen Zweitliga-Tabellenführer Holstein Kiel für ihn und den Hamburger SV enorm ist, weiß aber auch er. „Wir haben unsere Hausaufgaben nicht gut gemacht. Deswegen sind wir Vierter. Drei Punkten hintendran auf den Relegationsplatz, den Düsseldorf hat“, beschrieb der 52-Jährige am Donnerstag die Ausgangslage fünf Spieltage vor dem Saisonende.

Wenn man die letzten Ergebnisse von Fortuna Düsseldorf (neun Liga-Spiele ungeschlagen) und Holstein Kiel (sechs Spiele ungeschlagen) betrachtet, „dann muss man sagen, überragend weitergemacht“, meinte er. Daher seine Forderung an seine Mannschaft: „Wir müssen erst einmal unsere Hausaufgaben machen. Wir brauchen auf keinen der drei vor uns zu gucken. Wir müssen unsere Spiele gewinnen, müssen punkten.“

Am Ende werde man sehen, ob der eine Punkt beim 1. FC Magdeburg (2:2) etwas wert war und „ob das Spiel am Wochenende schon ein endgültiges Ergebnis hat, das werden wir sehen“.

Ein Sieg am Samstag ist dringend nötig. Doch Holstein Kiel ist die aktuell denkbar schwerste Aufgabe in der Liga für den HSV. In den vergangenen fünf Spielen gewann das Team von der Förde fünfmal ohne Gegentor und traf selbst 13 Mal. Am vergangenen Wochenende eroberten die Kieler die Tabellenführung zurück, nachdem sie schon Halbzeit-Meister der zweiten Liga waren. Bei noch fünf Spielen haben sie gute Chancen, erstmals in ihrer Vereinsgeschichte in die Bundesliga aufzusteigen.

„Sie haben sich jedes Jahr weiterentwickelt“, sagte Baumgart über die Kieler. „Es ist eine sehr stabile, zusammengewachsene Mannschaft mit einem sehr guten Plan in alle Richtungen. Nicht nur beim Anlaufen, sondern auch beim tiefen Verteidigen, im Umschaltspiel. Und sie haben sehr gute Abläufe.“

Auch ohne die Tabellen-Konstellation ist die Partie beim Hamburger SV für die Holstein-Spieler etwas Spezielles. „Grundsätzlich haben alle Spieler voll Bock auf das Spiel“, sagte Kiels Trainer Marcel Rapp am Donnerstag. „Wenn vor der Saison der Spielplan 'rauskommt, schauen 70 Prozent der Jungs: Wann spielen wir gegen den HSV?“

Es gebe genügend Querverbindungen zwischen den beiden Vereinen. In Lewis Holtby, Finn Porath und Fiete Arp spielen drei Ex-HSVer bei Holstein. Der frühere Kieler Jonas Meffert ist bei den Hamburgern der Cheforganisator im defensiven Mittelfeld.

Dennoch sieht Holstein-Trainer Rapp sein Team nicht als Favorit. „Wenn jemand sagt, dass Kiel in Hamburg Favorit ist, dann ist das erst einmal ein ganz großes Kompliment für den ganzen Verein für die ganze Saison, die wir bisher abgerissen haben“, hatte der 45-Jährige unter der Woche bereits betont. Beim genaueren Blick sei das aber nicht so, „wenn man das Stadion sieht, wenn man die beiden Mannschaften sieht, die gegeneinander spielen“.

Unterstützt werden die Kieler von 6000 Fans. Das Nordduell ist mit 57.000 Zuschauern erneut ausverkauft. Die Bilanz der Kieler gegen den HSV ist insgesamt positiv, seit die Hamburger 2018 in der zweiten Liga spielen. In elf Duellen gab es nur einen Sieg für die Hamburger. Viermal gewann Holstein, sechsmal endeten die Spiele unentschieden.

Wie gut für Baumgart, dass er personell keine Sorgen hat. Dennis Hadzikadunic, der in Magdeburg wegen einer Erkältung gefehlt hatte, wird seinen Stammplatz wieder vom rotgesperrten Guilherme Ramos übernehmen. Auch der 16-fache Torschütze Robert Glatzel soll nach seinen Oberschenkel-Problemen in die Startelf zurückkehren.