Hamburg. Ein Mann erschießt in einer Hamburger Shisha-Bar einen 27-Jährigen. Monate später verhaftet die Polizei einen mutmaßlichen Mittäter. Vor Gericht bestätigt sich seine Beteiligung aber nicht.

Zwei dunkel gekleidete und maskierte Männer stürmen an einem späten Sommerabend in eine Shisha-Bar in Hamburg-Hohenfelde und gehen auf einen Gast des Lokals zu. Einer von ihnen schießt mit einer silbernen Pistole zweimal auf den 27-Jährigen. Ein Schuss triff ihn ins Herz und tötet ihn. Dann flüchten die Maskierten.

Das Geschehen vom 27. Juli 2022 wird von einer Überwachungskamera aufgezeichnet, wie der Vorsitzende Richter Matthias Steinmann am Mittwoch bei einer Urteilsverkündung am Landgericht Hamburg erklärt. Nach dreimonatigem Prozess spricht die Strafkammer einen 26-Jährigen vom Vorwurf des Mordes frei. Der Beschuldigte sollte laut ursprünglicher Anklage einer der Täter sein, aber nicht selbst geschossen haben.

Die Tat habe nicht aufgeklärt werden können, weil zwei wichtige Zeuginnen nicht aussagen wollten, erklärte Steinmann. Das Gericht habe die beiden in der Schweiz lebenden Frauen nicht zwangsweise vernehmen können.

Der Richter, der die Zeuginnen persönlich zu einer Aussage vor Gericht zu überreden versuchte, zeigte sich schwer enttäuscht. „Das Ergebnis ist auch bitter für die Nebenklägerin, die sich Aufklärung erhofft hatte, warum ihr Sohn so kaltblütig erschossen wurde“, sagte der Richter. In ihren Plädoyers hatten Verteidigung und auch Staatsanwaltschaft Freispruch beantragt.

Die Tat an jenem Julitag um 23.07 Uhr habe nur eine halbe Minute gedauert. Sekunden nach der Tat seien die ersten Notrufe bei der Polizei eingegangen. „In der Bar brach Panik aus“, sagte Steinmann. Die Täter konnten unerkannt entkommen.

Der Getötete sei tief in den internationalen Drogenhandel verstrickt gewesen. Er soll einen in Spanien lebenden arabischen Großhändler betrogen haben. Das habe er im Auftrag dieses Mannes mit dem Leben bezahlt, erklärte Steinmann. Der Mord sei eine „inszenierte Hinrichtung“ gewesen.

In einem weiteren Anklagepunkt wurde der 26-Jährige schuldig gesprochen. Die Strafkammer verurteilte ihn wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu zwei Jahren und vier Monaten Haft. In der Wohnung eines Freundes hatte die Polizei eine Maschinenpistole gefunden, die einen Fingerabdruck des Angeklagten aufwies und deren Besitz er vor Gericht einräumte. „Das ist keine Bagatelle, sondern ein Verbrechen“, sagte Steinmann über diesen Anklagepunkt.

Am 6. August 2022 hatte es in der Wohnung im Stadtteil Lurup einen tödlichen Zwischenfall gegeben. Ein jüngerer Bruder des Freundes, der die Maschinenpistole und andere Waffen aufbewahrte, wurde von einem versehentlichen Schuss getroffen und starb in den Armen seiner Mutter, wie Steinmann sagte.

Als die Polizei eintraf, wollte ein weiterer Bruder die Waffen gerade wegschaffen. Die Beamten konnten sie jedoch sicherstellen, auch die Maschinenpistole mit dem Fingerabdruck.

Die Ermittler unternahmen nun einen „großen Lauschangriff“ auf die Wohnung des Angeklagten. Sie hörten Gespräche ab, in denen es häufig um Drogengeschäfte, aber nur selten um die Schüsse in der Shisha-Bar ging. Ende November 2022 meldeten sich überraschend eine Ex-Freundin des Angeklagten, die zusammen mit einer weiteren Freundin als Krankenschwester in Basel arbeitete, bei der Hamburger Polizei.

Sie waren beide in der Wohnung des 26-Jährigen gewesen, während diese von der Polizei überwacht wurde. Bei einer Vernehmung erklärte die Ex-Freundin, der Angeklagte habe ihr gegenüber die Tat gestanden. Er sei nicht der Schütze, sondern dessen Begleiter gewesen. Sie bestätigte außerdem, dass der Angeklagte eine Schutzweste besessen hatte, wie sie die Polizei in der Nähe des Tatortes mit einer DNA-Mischspur gefunden hatte.

Aus den Aussagen der Frauen im Alter von 20 und 21 Jahren ergab sich ein dringender Tatverdacht. Anfang Dezember 2022 verhaftete die Polizei den Beschuldigten in Hamburg. Im Juli 2023 verurteilte ihn das Landgericht Hamburg wegen Drogendelikten zu einer Strafe von fünf Jahren und drei Monaten. Dieses Urteil ist wie das aktuelle noch nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte bestritt vor Gericht energisch, in der Tatnacht in der Shisha-Bar in Hohenfelde gewesen zu sein. Er räumte ein, die Schutzweste besessen zu haben. Er habe sie aber vor der Tat an jemand anderes gegeben. Das Gericht hielt es für unwahrscheinlich, dass die professionell agierenden Täter die schweren Schutzwesten trugen oder für ihre Flucht deponiert hatten.

Aus einer Handy-Auswertung gehe hervor, dass der Angeklagte in der Tatnacht intensiv mit einer Frau in türkischer Sprache kommunizierte. Genau zur Tatzeit schickte er eine Nachricht an eine Frau in Spanien. Der Angeklagte habe auch den Drogenhändler in Spanien gekannt. Eine belastbare Beziehung zu dem Hintermann sei ihm aber nicht nachzuweisen gewesen.