Hamburg (dpa/lno). Die Hamburger Sozialbehörde will angesichts voller Flüchtlingsunterkünfte Schutzsuchende notfalls in Zelten in öffentlichen Parks unterbringen. Die Opposition wirft dem rot-grünen Senat Versagen vor.

Die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft hat Pläne der Sozialbehörde, Flüchtlinge angesichts knapper Kapazitäten auch in Zelten in öffentlichen Parks und auf Festplätzen unterzubringen, scharf kritisiert. CDU-Fraktionschef Dennis Thering sprach am Dienstag von einer Bankrotterklärung des rot-grünen Senats. Die Linksfraktion warf der Sozialbehörde vor, mit „derart alarmistischen Aussagen“ Geflüchtete zu Sündenböcken für eine Situation zu machen, für die sie nichts könnten. Bei der AfD war vom „Gipfel des Asylversagens“ die Rede.

Hintergrund ist ein am Montag bekannt gewordenes Schreiben von Sozialstaatsrätin Petra Lotzkat an die Vorsitzenden der Bezirksversammlungen, in dem sie diese angesichts voller Flüchtlingsunterkünfte auf eine Unterbringung von Schutzsuchenden in öffentlichen Parks und auf Festplätzen vorbereitet hatte. Zur Vermeidung von Obdachlosigkeit müsse jede in Betracht kommende Fläche und Immobilie genutzt werden, heißt es darin. Zudem könne bei der Erweiterung bestehender und der Akquise neuer Standorte „auf die bereits bestehende Belastung von Stadtteilen aktuell weitestgehend keine Rücksicht genommen werden“.

Bereits vor sechs Monaten hätten drei SPD-Senatoren Alarm geschlagen, dass die Stadt mit der Flüchtlingskrise überfordert sei, sagte Thering. „Passiert ist seitdem zu wenig.“ Mittlerweile sei die Situation so prekär, dass wieder auf Hamburger Parks und Festplätze zurückgegriffen werden müsse. „Turnhallen werden dann sicherlich bald noch folgen.“

Die Linken warnten hingegen davor, auf dem Rücken Geflüchteter Politik zu machen. „Es ist verstörend, dass der Senat jetzt so tut, als wäre die Naherholung in unseren Parks in ernsthafter Gefahr“, sagte die fluchtpolitische Sprecherin Carola Ensslen. Sie forderte stattdessen, die Verpflichtung aufzuheben, Geflüchtete zunächst in Erstaufnahmen unterzubringen.

Knapp zehn Jahre nach der Flüchtlingskrise stehe „Rot-Grün“ erneut „da wie der Ochs vorm Berg“, sagte AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann. „Es ist der Gipfel des seit 2015 andauernden Asylversagens.“ Er forderte erneut „eine 180-Grad-Wende in der Asyl- und Migrationspolitik“.

Auch Thering nannte es katastrophal, dass Bund und Länder noch immer keine wirksamen Maßnahmen ergriffen hätten, um den Flüchtlingszustrom nach Deutschland und Hamburg deutlich zu begrenzen. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung wird spürbar weiter sinken und die Integration wird so immer weiter erschwert“, warnte er.

Aktuell sind laut Sozialbehörde knapp 48 000 Menschen in Hamburg in öffentlichen Unterkünften untergebracht, was einer Auslastung der Einrichtungen von 98 Prozent entspreche. Bis Mitte April fallen den Angaben zufolge 870 Plätze weg - unter anderem wegen auslaufender Mietverträge. „Insgesamt stehen aktuell keine ausreichenden Plätze für diese und weitere bevorstehende Schließungen in diesem Jahr im Gesamtsystem zur Verfügung und es besteht akut der Bedarf zur Schaffung bzw. Inanspruchnahme weiterer Notfallkapazitäten, um drohende Obdachlosigkeit zu verhindern“, heißt es in dem Schreiben Lotzkats an die Bezirke.

Derzeit würden geeignete bestehende Standorte identifiziert, an denen die Kapazitäten durch wintertaugliche Zelte erhöht werden könnten, wie sie bereits am Volkspark und an der ehemaligen Fegro-Halle in Harburg stünden. So sollen demnach kurzfristig durch 25 Zelte 250 zusätzliche Plätze geschaffen werden. „Weiterhin muss auch in Betracht gezogen werden, öffentliche Parks und Festplätze für die Unterbringung zu nutzen.“