Themen: Was macht ein Ex-RAF-Terrorist auf Schulveranstaltung +++Jedes fünfte Kind im Norden lebt in Armut +++ Hamburg räumt auf

Ich bin empört!

15. März: „Was macht ein Ex-RAF-Terrorist auf einer Schulveranstaltung? Karl-Heinz Dellwo war 1975 an zwei Morden beteiligt. Nun trat er in Bahrenfeld auf, was Eltern empört. Wie es zu der Einladung kam“

Ich bin empört! Als junger Mann habe ich selber hautnah die extreme Bedrohung der terroristischen RAF miterlebt, die scheußlichen, gewissenlosen Morde an unschuldigen und hochverdienten Mitbürgern, Funktionsträgern und Polizisten. Dellwo gehört zu der schrecklichen Mörderbande, die in der Stockholmer Botschaft nicht nur Angst und Schrecken verbreitet, sondern auch gemordet hat. Zu lebenslang verurteilt, traf ihn dann einige Jahre später die ganze Güte unserer wohlmeinenden Gesetze, er kam auf freien Fuß und ist heute nach Aussagen der Schulleiterin der Stadtteilschule Bahrenfeld „natürlich politisch links, sehr sympathisch und ein Intellektueller“. Das ist aber mal ein Statement einer studierten Schulleiterin! Von RAF, Morden, Entführungen, Gräueltaten etc. wohl nie etwas gehört. Der Mann ist also lehrermäßig rehabilitiert und darf ohne Reflexion auf seine Mordtaten vor Schülern sprechen. Diese Sichtweise kennen Geschichtsinteressierte zur Genüge, was die Nazizeit und die Verbrechen der Machthaber in der DDR angeht. Sind wir jetzt schon so weit, dass Menschen die Untaten der RAF auch im gleichen milden Licht sehen?

Rolf Meyer, Hamburg

Ziel ist die Resozialisierung

Ja, was macht er da? Eigentlich erklärt sich das schon selbst aus dem Ex. Ein Mensch wurde wegen schwerster Straftaten verurteilt und nach rund 20 Jahren aus der Haft entlassen, weil ihm attestiert wurde, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht und deshalb der Rest der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bewährt hat sich Herr Dellwo ja ganz offenkundig, sonst wäre er wieder im Gefängnis. Unser Gesellschaftssystem sieht es vor, dass Menschen eine neue Chance bekommen, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren, wenn sie ihre Strafe verbüßt haben. Ziel ist die Resozialisierung von Menschen, die offenbar in diesem Fall erfolgt ist. Herr Dellwo darf denken, was auch immer er will – auch über diesen Staat. Die Gedanken sind frei. Entscheidend ist nicht, ob jemand den Staat hasst oder liebt, entscheidend ist, wie sich jemand verhält. Und ein Mensch, der sich von seiner Vergangenheit distanziert, der sehr viele Jahre im Gefängnis verbracht hat und als enger Freund von Esther Bejarano auf einer Schulveranstaltung spricht – und zwar auf ausdrücklichen Wunsch der Familie der Verstorbenen – hat ein Recht darauf, von dieser Gesellschaft akzeptiert zu werden. Der Weg, auf den sich Ihre Autorin mit der Titelfrage begeben hat, in der sie die Legitimität der Resozialisierung offen in Frage stellt, ist ein gefährlicher: er setzt auf Ausgrenzung von Menschen und er setzt darauf, dass es für jemanden, der einmal Fehler gemacht hat, diese eingesehen und dafür mit 20 Jahren Gefängnis gebüßt hat, keinen Weg zurück in die Gesellschaft gibt. Das ist ein Menschenbild, das nicht im Einklang mit unserer Verfassung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht.

Doris Dierbach, Fachanwältin

Schludrigkeit von HPA

14. März: „Fährlinie Blankenese-Cranz droht das Aus. Verbindung extrem unrentabel. Nach Ausfallquote von fast acht Prozent: Hadag will 2024 auf Erfolgskurs zurück“

Die Este-Fahrrinne wird von Hamburg pflichtwidrig nicht in gleichem Maße frei gehalten, wie das Hauptfahrwasser des Elbstromes; nur dadurch entsteht die Unsicherheit in den Fahrplänen der HBEL-Fähre. Und bisher sichere und treue Nutzer der Strecke, die auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit angewiesen sind, wechseln dann gleich auf andere Strecken oder auf’s eigene Auto. Leider hat HPA Strom- und Hafenbau – das wollen wir hier nicht vergessen – durch diese Schludrigkeit auch schon die Existenz der Sietas Werft auf dem Gewissen – und offenbar gar nichts daraus gelernt. Die 40-Euro-Rechnung der Hadag sieht auch sicher etwas anders aus, wenn Ausflugsverkehr und Hochwasser herrschen. Diese Linie darf Hamburg nicht verlieren.

Peter Matthies, Finkenwerder

Viel mit den Kindern sprechen

15. März: „Jedes fünfte Kind im Norden lebt in Armut“

Es mag stimmen, dass, wie es in dem Artikel heißt, Kinder aus bildungsärmeren Familien im Durchschnitt weniger lange die Kita besuchen und auch gerade aus diesem Grund eine mangelnde Sprachkompetenz besitzen. Aber auch Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kita geben wollen oder können, auch diese Eltern können doch sehr wohl etwas für die Entwicklung der Sprachkompetenz ihrer Kinder tun. Nämlich dadurch, dass sie möglichst viel mit den Kindern sprechen. Nicht selten beobachte ich folgende Situation: Das Kleinkind sitzt im Kinderwagen. Aber nicht etwa mit Blickrichtung zur Mutter, was angemessen wäre, sondern von ihr abgewandt. Schon dies erschwert doch den Blickkontakt und die Kommunikation mit dem Kind. Und sehr häufig beobachte ich dann auch noch, dass die Mutter des Kindes sich lieber mit ihrem Smartphone, als mit dem Kind beschäftigt.

Christian Rohlfing

Eine nette PR-Aktion

12. März: „Rekord: Hamburg räumt so viel auf wie noch nie. Mehr als 100.000 Freiwillige sammelten rund 118 Tonnen Müll“

Eigentlich ist Hamburg räumt auf eine lobenswerte Idee, ärgert man sich doch ständig über achtlos weggeworfenen Müll. In diesem Jahr sammelten knapp 102.000 Teilnehmer etwa 118 Tonnen Müll. Die Stadtreinigung bejubelt auf ihrer Homepage einen Doppelrekord (Teilnehmerzahl und Putzinitiativen). Betrachtet man die gesammelte Müllmenge der letzten Jahre, sollte die Aktion eher als ein ziemlicher Reinfall bezeichnet werden. Vor fünf Jahren wurden noch 170 Tonnen Müll gesammelt, vor zehn Jahren gar 293 Tonnen, jeweils von deutlich weniger Bürgern. Dass die Stadt seitdem sauberer geworden ist und deshalb in diesem Jahr weniger Müll vorgefunden wurde, darf bezweifelt werden. Letztlich war es eine nette PR-Aktion für den Premiumpartner und die Firmen, Kultureinrichtungen und Vereine, die Preise für die Teilnehmer stifteten.

Björn Windshügel, Hamburg

Entfremdung schreitet voran

11. März: „SPD will mehr Dienstwohnungen schaffen. Öffentlicher Dienst soll attraktiver werden. Bürgermeister Tschentscher erntet für Rede auf Landesparteitag nicht nur Lob“

Herr Iken hat einen großartigen Kommentar zur fehlenden Bindung der großen Volksparteien zur Mehrheit des Volkes geschrieben. Und als ob Herr Tschentscher den Kommentar noch untermauern will, stellt dieser jetzt fest, Stadtangestellte können sich kaum noch Wohnungen in der Stadtmitte leisten. Wirklich? Betrifft das nur Angestellte der Stadt oder vielmehr den Großteil der Bevölkerung? Haben nicht Beamte schon zahlreiche Privilegien (Alterspension, Privatpatient etc.)? Ich hoffe, dass Herrn Tschentschers Feststellung auf breites Unverständnis bei allen Wohnungssuchenden stößt. Die Entfremdung schreitet voran.

Roland Möck, Seevetal

Bürger kann nur staunen

11. März: „Reventlowstraße: Bäume fallen, CDU klagt. Eilantrag gegen Vorbereitungen für umstrittene Baustelle“

4,5 Millionen Euro für 700 Meter Fahrradweg. Jetzt 184 Seiten Schriftsatz, weil die grüne Bezirksamtsleiterin die Mehrheitsentscheidung ihrer Bezirksversammlung nicht akzeptieren will. Als steuerzahlender Bürger kann man nur staunen. Sind wir eigentlich in der Freien und Hansestadt Hamburg oder in Absurdistan?

Dr. Thomas Seiffert, Hamburg

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