Hamburg. Cooles Design, gute Preise und die Reichweite sind Stärken des kompakten SUV „Made by Sweden“. Doch es gibt auch Schwachpunkte.

Die Lust auf reine Elektroautos (BEV) scheint sich in Deutschland seit dem Stopp der Umweltprämie spürbar abgekühlt zu haben. Neuabschlüsse beim Verkauf und dem Leasing hinken plötzlich den hohen Erwartungen hinterher, gebrauchte Leasingrückläufer verzeichnen überproportionale Restwertverluste und stehen wie Blei auf den Höfen der Händler.

Neuer Volvo EX30 sorgt bei Hamburgern für einiges Aufsehen

Es fehlen offenbar trotz der in den letzten Jahren von der Politik und einzelnen Firmenchefs propagierten Elektro-Euphorie und dem von der EU-Kommission verordneten Drang zu mehr Klimaschutz spannende Modelle, die bei potenziellen Abnehmern für reges Interesse sorgen und nicht für abwartendes Achselzucken. Gründe dafür gibt es mehrere: Die Preise sind nach wie vor zu hoch, die Reichweiten oft zu gering und die Lademöglichkeiten vielerorts nicht wirklich überzeugend.

Volvo EX30 wird in China gebaut und nutzt Smart-Plattform

Ein Auto, nach dem sich in Hamburg derzeit erstaunlich viele umdrehen, ist der neue Volvo EX30. Das Testfahrzeug, das wir gerade für ein paar Tage ausprobieren dürfen, sorgt auf Parkplätzen und an Ladesäulen immer wieder für neugierige Nachfragen. Offensichtlich hat der Hersteller mit seinem kompakten SUV einen Nerv getroffen. Was da unter dem Slogan „Made by Sweden“ anrollt, ist zwar eigentlich „Made in China“, aber dennoch ein würdiger Vertreter der Marke aus dem hohen Norden. Und ein vor allem im Design sehr gelungener Entwurf.

Was viele nicht wissen: Volvo ist schon lange nicht mehr in europäischem Besitz, sondern gehört der Zhejiang Geely Holding Group aus China, zu der Beteiligungen an insgesamt 15 verschiedenen Marken zählen, darunter auch der Volvo-Ableger Polestar, der Sportwagenhersteller Lotus und die einst von Mercedes gegründete Stadtauto-Linie Smart. Dank staatlicher Vorgaben haben sich die Chinesen – nicht nur bei Geely – längst eine gute Reputation in Sachen Elektromobilität erarbeitet, sodass es inzwischen viele Fahrzeuge auf dem deutschen Markt gibt, die auf fernöstlicher Technik basieren oder sogar komplett dort gefertigt werden. So greift zum Beispiel auch VW auf chinesisches Know-how zurück, hier heißen die Partner Saic und Xpeng.

Der Volvo EX30 bringt 200 kW/272 PS auf die Hinterräder

Der Volvo EX30 hat zwar die gleiche Plattform wie der neue Smart #1, ist aber kantiger und mit 4,23 Metern drei Zentimeter kürzer. Die maximale Ladeleistung des Volvo, den wir in der Version „Single Motor Extended Range Plus“ mit 200 kW/272 PS und einem 69-kWh-Akku testen, liegt laut Unterlagen bei 175 kW. Wird er an einer Wechselstromquelle angeschlossen, können bei dieser Version nur bis zu 11 kW geladen werden (beim Spitzenmodell gehen 22 kW).

Ladeleistung bei Test nur an Gleichstrom-Säule überzeugend

Doch sollte man sich nicht auf die 11 kW verlassen. Der EX30 hat in Hamburg schon gezeigt, dass manche städtische Ladesäule eher ein Parkplatz mit mauer Strom-Abgabe ist. So wurden am Erdkampsweg in einer Stunde und 18 Minuten per Typ-2-Kabel lediglich 5,17 kWh geladen, obwohl der Akku nur bei knapp 40 Prozent Restladung lag. Da kommt man selbst bei Ausnutzung der erlaubten Höchstparkdauer von drei Stunden nicht weit. Einziger Trost: Mit 59 Cent pro kWh ist das Laden hier zwar immer noch fast doppelt so teuer wie zu Hause, aber immerhin 20 Cent billiger als an echten Schnellladesäulen.

Der Monitor in der Cockpit-Mitte ist die Kommandozentrale des Volvo EX30. Ohne ihn geht fast nichts.
Der Monitor in der Cockpit-Mitte ist die Kommandozentrale des Volvo EX30. Ohne ihn geht fast nichts. © Volvo

Dort, etwa an den hochpotenten 300-kW-Säulen von Aral, geht es per CCS-Stecker indes wirklich flott. So zog der Volvo in 29 Minuten 32,3 kWh und brachte den Akku in der knappen halben Stunde von knapp 30 auf knapp 80 Prozent Ladezustand. Bei einem Strombedarf von im Mix rund 17 kWh pro 100 Kilometern – in der Stadt weniger, auf Autobahnen mehr – ist also schnell wieder Reichweite da.

Am besten nur mit Richtgeschwindigkeit über die Autobahn

Wer es bei der Geschwindigkeit auf der Autobahn nicht übertreibt und sich eher an der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h als an der abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h orientiert, der kann sich ganz gut auf die vom integrierten Google-Navigationssystem vorausberechneten Restakkustände bei Ankunft verlassen. Das schafft Vertrauen und nimmt ein wenig die berüchtigte „Reichweitenangst“, die wohl jeder E-Auto-Fahrer kennt. Die hohen Normwerte nach WLTP wird man bei normaler Fahrweise inklusive Heizung/Klimaanlage aber dennoch kaum erreichen, angegeben sind hier maximal 660 Kilometer innerorts und 476 Kilometer außerorts. Der zum Fahren nutzbare Akkubereich umfasst nämlich nur 64 kWh, da wären 660 Kilometer nur bei Verbräuchen knapp unter 10 kWh pro 100 Kilometer möglich.

Obwohl der Single-Heckantrieb mit 343 Nm Drehmoment und einer Beschleunigung von Null auf Tempo 100 in 5,3 Sekunden weit mehr als ausreichend ist, bietet Volvo noch potentere Varianten an, die den EX30 zum Porsche-Killer machen, jedenfalls im Antritt (ca. 3,5 Sekunden bis Tempo 100). Doch wer braucht sowas wirklich? Insofern ist es richtig, den Fokus wie beim Testwagen auf Reichweite zu legen. Und dann passt es auch gut, dass man zumindest vorne bequem sitzt. Anders ist es hinten, dort machen Langstrecken sicher keinen Spaß, es ist nämlich recht eng.

Kunststoffe vom Interieur sehen gut aus, sind aber etwas hart

Das reduzierte Interieur ist ein Hingucker, hier kommt „Made by Sweden“ tatsächlich voll zur Geltung, angefangen bei den Türöffnern aus Metall und endend beim dezenten Farbkonzept. Aber: Nicht alle Kunststoffe sind unterschäumt, sodass die berüchtigte „Klopfprobe“ mitunter etwas hohle Geräusche produziert. Im Großen und Ganzen – und auch dank der stylishen Ablagen – ist das alles aber durchaus wertig gemacht.

Alles wird über einen Monitor gesteuert, selbst die Spiegel

Gewöhnungsbedürftig bleibt der Verzicht auf Instrumente jedweder Art im Blickfeld des Fahrers. Alles läuft hier über das Tablet in der Cockpit-Mitte, wo auch via Google das Navigationssystem, Radio und Apps gesteuert werden. Bedauerlich: Eine Anbindung von Apples Carplay ist beim Testwagen noch nicht möglich, ein Software-Update „over the air“ soll aber bald für Abhilfe sorgen. Übrigens: Selbst die Außenspiegel werden über den Bildschirm verstellt, darauf muss man erstmal kommen. Gut platziert ist die Ladeschale fürs Smartphone, hier benötigt niemand einen Handyhalter extra, weil das Display sichtbar bleibt.

Aus dieser Perspektive wird deutlich, wie kantig das Design des Volvo EX30 ist.
Aus dieser Perspektive wird deutlich, wie kantig das Design des Volvo EX30 ist. © Volvo

Viele andere nette Features kennt man, von der Ambientebeleuchtung über die umfangreichen Fahrassistenten bis zur automatischen Einparkhilfe. Auffallend gut ist der Sound der Audioanlage. Der Kofferraum bietet 318 Liter Stauraum, wobei 61 Liter zum Fach unter dem Ladeboden zählen. Hier liegt auch das Ladekabel. Vorne gibt es zudem noch einen kleinen Frunk und im Innenraum ein Handschuhfach, das man erst nach dem Studieren der Bedienungsanleitung entdeckt, weil es – natürlich – nur über den Monitor zu öffnen ist.

Was gut funktioniert: Die Sprachsteuerung, die wahlweise auf „Hey Google“ oder „Hej Volvo“ hört, macht das Schieben oder Drücken von Bildschirmreglern teilweise überflüssig. Zudem gibt es auch am Lenkrad ein paar Knöpfe, etwa für die Radiolautstärke oder den Fahrassistenten. Übrigens: Die für Onlinedienste und Apps nötige Internetverbindung ist im Preis enthalten, allerdings nur für vier Jahre.

Noch ein Wort zum Fahrwerk: Das wird zwar von manchen Testern gelobt, weil es angeblich „jede Straße glattbügelt“. Wir fanden es hingegen nicht vollends überzeugend, da bei Bodenwellen durchaus der Eindruck entsteht, dass das straffe Auto etwas „hoppelt“.

Unter dem Strich kann der Volvo EX30 durchaus begeistern, vor allem im Design, aber auch dank seiner Fahreigenschaften. Zudem ist er preislich interessant, da er bereits ab 37.990 Euro startet, dann jedoch mit dem kleineren Basisakku.

Volvo EX30 Plus Single Motor Extended Range:Die Bewertung im Detail:

Fahrverhalten: ++++--

Der E-Motor ist leistungsstark, das Fahrwerk eher straff, die Lenkung lässt sich in drei Stufen verstellen. Guter Reisekomfort.

Leistung: +++++-

Die 200 kW/272 PS sind für so ein Auto mehr als ausreichend. In 5,3 Sekunden auf Tempo 100, Höchsttempo 180 km/h.

Verbrauch/Laden: ++++--

Im Mix kann man mit 17 kWh/100 Kilometer auskommen, über Tempo 130 schmilzt die Akkureserve wie Vanilleeis im heißen Kaffee. Gute Ladeleistung (bis 175 kW).

Preis: ++++--

Mit 46.190 Euro bleibt der Testwagen im Rahmen. Das einfachste Modell des EX30 kostet 37.990 Euro.