Hamburg (dpa/lno). Die Stadt Hamburg bekommt Kredite günstiger als ihre öffentlichen Unternehmen. Nach den Plänen des Senats sollen die Firmen von der besseren Bonität profitieren. Eine neue Agentur soll es richten.

In Hamburg soll künftig eine neue Finanzserviceagentur für Kreditaufnahmen der Stadt und der öffentlichen Unternehmen zuständig sein. Die Gründung der Agentur habe der rot-grüne Senat bei seiner Sitzung am Dienstag auf den Weg gebracht, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bei der Vorlage des Beteiligungsberichts im Rathaus. Sie soll den Plänen zufolge Anfang nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen. Die Bürgerschaft muss noch zustimmen. Bislang sind die öffentlichen Unternehmen selbst für die Kreditaufnahme zuständig.

Von der Bündelung der Kompetenz bei der Kreditbeschaffung verspreche man sich neben Synergieeffekten und mehr Expertise auch günstigere Kreditkonditionen, da die Bonität der Stadt besser bewertet werde als die der einzelnen öffentlichen Unternehmen, sagte Dressel. Den Bedarf an Fremdkapital bezifferte er bis 2028 mit rund zwölf Milliarden Euro.

Die Bündelung sei in der Form auf Länder- und auf Bundesebene einmalig. „Durch die Nutzung der guten städtischen Bonität für unsere Alleinbeteiligungen erreichen wir Einsparungen bei der Zinsbelastung, die sich in den nächsten Jahren stadtweit zu nennenswerten Millionenbeträgen summieren.“

Da die Agentur die Kredite für die Stadt aufnehme und diese dann an die Unternehmen verteile, würden diese Verbindlichkeiten künftig im Kernhaushalt der Stadt abgebildet, was für mehr Transparenz sorge. Bislang sind die Verbindlichkeiten der städtischen Unternehmen nur in der Konzernbilanz der Stadt zu finden.

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Thilo Kleibauer, nannte die Pläne irritierend und fragwürdig. „Es ist falsch, die Finanzierungskompetenz der Stadt aus der Verwaltung auszulagern und dafür eine selbstständige Organisation einzurichten“, sagte er. Auch könnten die Einspareffekte nicht belegt werden. Hinzu kämen offene haushalts- und beihilferechtliche Fragen. „Hier drängt sich insbesondere der Verdacht auf, dass der Finanzsenator nach neuen Gelegenheiten sucht, immer mehr Schulden im Konzern Hamburg aufnehmen zu können“, sagte Kleibauer.

Die im Beteiligungsbericht genannten mehr als 100 Unternehmen stünden bereits mit gut 21 Milliarden Euro in der Kreide, sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein. „Die Risiken dieser hohen Verschuldung hat der Finanzsenator offenbar nicht im Blick. Genauso wenig wie die politisch-ideologischen Schattenhaushalte, die durch diese Staatswirtschaft an der Bürgerschaft vorbei gemanagt werden.“

Der vorgelegte Beteiligungsbericht für das Geschäftsjahr 2022 gibt einen Überblick über 109 von insgesamt 360 rechtlich selbstständigen Unternehmen, an denen die Stadt mittel- oder unmittelbar beteiligt ist und die eine Bilanzsumme von zusammen über 50 Milliarden Euro aufweisen. Die Zahl der Beschäftigten stieg demnach 2022 zum Vorjahr um knapp drei Prozent auf 72 800 - die der Auszubildenden sogar um mehr als sechs Prozent auf 2024. Die Investitionen legten 2022 um 2,8 Prozent auf 2,29 Milliarden Euro zu.

Mit ihrem regelmäßig steigenden Investitions- und Auftragsvolumen seien die öffentlichen Unternehmen gerade in Krisenzeiten ein verlässlicher Stabilitätsanker für die private Wirtschaft, sagte Dressel. Zudem gingen sie bei der Umsetzung gesellschaftspolitischer Zielstellungen mit gutem Beispiel voran.

So weist der Bericht für die Unternehmen einen Frauenanteil an den Aufsichtsratsmandaten von 50,15 Prozent aus. In den Geschäftsleitungen müsse es in diesem Punkt in den nächsten Jahren aber noch Wegstrecke zurückgelegt werden, sagte Dressel. Hier lag der Frauenanteil 2022 erst bei gut 26 Prozent.

Der Bericht zeigt auch auf, wie sich die Gehälter der Geschäftsleitungen im Vergleich zu den Beschäftigten entwickelt. Schon seit 2017 sind in Hamburg die Gehaltssteigerungen der Leitungen der öffentlichen Unternehmen an die durchschnittliche Tarifsteigerung in der Gesamtwirtschaft gekoppelt.

Das ausgegebene Ziel des Senats, so der weiteren Spreizung der Gehälter entgegenzuwirken, sei nur zum Teil erreicht worden, sagte der Haushaltsexperte der Linken, David Stoop. Noch immer verdienten Vorstände das 3,8-fache der Tarifbeschäftigten. „Die bereits teilprivate HHLA ist dabei der größte Ausreißer: Dort verdiente die Vorstandsvorsitzende in den vergangenen Jahren etwa das 10-fache ihrer Beschäftigten.“