Hamburg (dpa/lno). Im vergangenen Jahr sind auf Hamburgs Straßen weniger Menschen verletzt worden, aber mehr gestorben. Insgesamt sei der Verkehr in der Hansestadt sicherer geworden, erklärt Innensenator Grote.

Auf Hamburgs Straßen sind im vergangenen Jahr 28 Menschen tödlich verunglückt. Das sind vier mehr als im Jahr 2022 und genauso viele wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Das geht aus der neuen Verkehrssicherheitsbilanz hervor, die Innensenator Andy Grote (SPD) am Dienstag gemeinsam mit der Polizeiführung vorstellte. Unter den Toten von 2023 sind zwei Kinder, die beim Überqueren von Straßen in der Hafencity und in Bergedorf jeweils von einem Bus erfasst wurden, wie der Leiter der Verkehrsdirektion, Enno Treumann, sagte.

Außerdem starben neun Radfahrer. Fünf von ihnen kamen bei sogenannten Abbiegeunfällen ums Leben. Das bedeutet, dass Lastwagen sie beim Rechtsabbiegen übersahen. In allen fünf Fällen waren die Lastwagen nicht mit Abbiegeassistenten ausgerüstet. Von den 28 tödlich Verunglückten waren neun Fußgänger. In sieben Fällen hatten die Betroffenen die Fahrbahn unachtsam betreten, in zwei Fällen sogar trotz Rotlichts.

Die Zahl der Verkehrsunfälle insgesamt nahm im vergangenen Jahr um vier Prozent auf 63 542 zu. Im Vergleich zu 2019 seien es jedoch knapp acht Prozent weniger. „Insofern ist das ein ganz ordentlicher Wert“, sagte Grote. Im vergangenen Jahr wurden weniger Menschen verletzt, die Zahl der Schwerverletzten sank um 14,5 Prozent. Das Risiko, auf Hamburgs Straßen zu verunglücken, liege auf einem historisch niedrigen Niveau, sofern man die Corona-Jahre 2020 und 2021 außen vor lasse, sagte der Innensenator. Je 100.000 Einwohner seien im vergangenen Jahr 492 Menschen verunglückt. 2022 waren es 504 gewesen.

An den weitaus meisten Unfällen, und zwar 88 Prozent, waren Personenwagen beteiligt. In 92 Prozent der Fälle blieb es bei Sachschäden. Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge stieg im vergangenen Jahr um 1,33 Prozent auf über 950.000. „Der Pkw bleibt Fortbewegungsmittel Nummer eins im öffentlichen Raum“, sagte Polizeipräsident Falk Schnabel. Der Radverkehr habe um vier Prozent abgenommen, erklärte Treumann. Im Vergleich zu 2019 nahm er nach Angaben von Grote aber um 30 Prozent zu.

Ein Grund für die langjährig positive Entwicklung in der Unfallbilanz sieht Schnabel in der gesunkenen Geschwindigkeit des Verkehrs in Hamburg. Die Überwachungsanlagen hätten im Jahr 2023 nur etwa halb so oft ausgelöst wie im Vorjahr. Trotzdem seien zu hohe Geschwindigkeit und zu geringer Abstand weiterhin die Unfallursachen Nummer eins.

Die Unfälle unter Alkoholeinfluss nahmen im Vergleich zu 2019 um 16,7 Prozent zu, im Vergleich zu 2022 aber um 10,8 Prozent ab. Bei den Unfällen unter Drogeneinfluss gab es ein Plus von 5,9 Prozent im Vergleich zu 2019 und ein Minus von 3,9 Prozent im Vergleich zu 2022. Die beteiligten Autofahrer seien meist männlich und zeigten nach Angaben von Suchtexperten ein gesteigertes Konsumverhalten, sagte Treumann. Angesichts der erwarteten Teil-Legalisierung von Cannabis zum 1. April betonte Hamburgs oberster Verkehrspolizist: „Cannabis ist und bleibt im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen ein Tabu!“

Grote kritisierte, dass im Gesetzentwurf der Ampel-Koalition ein Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC fehlt. Nur in der Rechtsprechung gebe es eine Festlegung von 0,1 Nanogramm auf einen Milliliter Blut. „Insofern werden wir da schon ein bisschen gefordert sein“, sagte der Senator mit Blick auf die Kontrolltätigkeit. Die Hamburger Polizei habe aber mehr als 600 sogenannte Drogenerkenner, also speziell geschulte Beamte. Bei Kontrollen werde die Polizei standardisierte Fahrtüchtigkeitstests nutzen.

Nach Einschätzung der CDU-Opposition in der Bürgerschaft offenbart die neue Verkehrssicherheitsbilanz eine besorgniserregende Entwicklung. „Die Verdreifachung der getöteten Fahrradfahrer und der überproportionale Anstieg der Unfälle mit Kindern um 10 Prozent sind alarmierende Indikatoren für die Notwendigkeit einer verbesserten Verkehrserziehung“, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Richard Seelmaecker.

Die Verkehrsexpertin der Linksfraktion, Heike Sudmann, bekräftigte die Forderung nach Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit. Sie warf dem Senat vor, eine entsprechende Initiative im Bundesrat zu blockieren. Der SPD-Innenpolitiker Sören Schumacher erklärte: „Unser Ziel der „Vision Zero“ bleibt bestehen: Jeder Unfall und jede:r Verletze ist eine:r zu viel.“