Die Vereinbarung zwischen Sozialbehörde und Ballin-Stiftung stand auf der Kippe. Gestern Abend einigten sie sich

Hamburg/Wyk auf Föhr. Nach Monaten der Unsicherheit fiel gestern Abend die Entscheidung: Die Kinderkuren auf Föhr sind gerettet. Auch ab dem kommenden Jahr werden weiterhin Hamburger Kinder aus sozial benachteiligten Familien vier Wochen lang auf der Nordseeinsel von den Mitarbeitern der Hamburger Rudolf-Ballin-Stiftung betreut werden.

Über eine lange Zeit hinweg hatte die Sozialbehörde erwogen, im Rahmen der Sparmaßnahmen für den Doppelhaushalt 2013/2014 die zwei Millionen Euro, die für den Erhalt der Einrichtung nötig sind, zu streichen. Dies scheint nun vom Tisch.

"Die Verhandlungen über die vorvertragliche Vereinbarung zwischen der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration und der Rudolf-Ballin-Stiftung sind abschließend abgestimmt", sagt Stiftungsvorstand Harald Clemens dem Abendblatt. "Noch in dieser Woche soll der Vorvertrag von beiden Seiten unterschrieben werden."

Anders als bislang wird die Finanzierung der Maßnahme nicht mehr aus dem Haushaltstitel "Entwicklungsfördernde Hilfen für Kinder und Jugendliche aus sozial belasteten Familien" ermöglicht, sondern aus dem Titel "Hilfen zur Erziehung".

Daraus folgt, dass der Einrichtung daher nicht mehr pro Jahr ein Pauschalbetrag in Höhe von zwei Millionen Euro zugesprochen wird, sondern die Einrichtung über Tagessätze für die zu betreuenden Kinder finanziert wird. Eine weitere Veränderung: Ab 2013 wird nicht wie bisher 600 Kindern eine Kur auf der Nordseeinsel ermöglicht, sondern es sollen sogar 640 Kinder betreut werden.

Laut Stiftungsvorstand wird der Einrichtung in der Summe genauso viel Geld wie bislang zur Verfügung stehen - es erfolgt lediglich eine Aufstockung aufgrund von Tarifsteigerungen und Mehrkosten. Jedoch werden keine zusätzlichen Mitarbeiter eingestellt.

"Wir bleiben konsequent bei unseren politischen Prioritäten - wir kürzen nicht, sondern wir steuern um", sagt Sozial- und Familiensenator Detlef Scheele (SPD). "So investieren wir in den kommenden Jahren stark in mehr Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche." In Bezug auf den Erhalt der Kinderkuren fährt der Senator diesen Kurs jedoch erst seit Kurzem.

Wie das Abendblatt berichtete, stand der Erhalt der Kinderkuren auf der Kippe, weil man prüfen wollte, ob ähnliche Betreuungsmaßnahmen für sozial benachteiligte Kinder nicht auch in anderen Einrichtungen in Hamburg durchgeführt werden können. Schließlich ließen sich die städtischen Zuwendungen von zwei Millionen Euro im Jahr einsparen. Scheele sah darin den Vorteil, dass lediglich eine Einrichtung von den Einsparungen betroffen ist und es nicht gleich mehrere sind. Gegen diese Überlegungen gab es jedoch starken Protest, weil die Arbeit der Ballin-Stiftung als vorbildlich gilt. Wenn Lehrer oder Sozialarbeiter eine gravierende Problemlage in der Familie feststellen, die Schulleistungen plötzlich absacken oder ein Schüler kaum mehr zum Unterricht erscheint, kann die Auszeit auf Föhr helfen, dem Kind oder Jugendlichen wieder Stabilität zu verleihen. In Abstimmung mit Schulen und Pädagogen werden die Kinder dort sowohl psychologisch als auch schulisch betreut. Dieses Angebot gibt es nur in Hamburg, in keinem anderen Bundesland.

Begrüßt wird die Rettung der Einrichtung von Mathias Petersen (SPD), dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, der sich bereits seit Jahren für den Erhalt eingesetzt hat. Kritischer bewertet Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, die Lage. "Natürlich würde ich mich freuen, wenn die Kuren weiter erhalten bleiben", sagt de Vries. "Jedoch zweifle ich erheblich an der Seriosität des geplanten Vertrags. Ich frage mich, wo das Geld aus dem anderen Titel auf einmal herkommen soll."