Hamburg (dpa/lno). Immer mehr Menschen in Hamburg fahren Rad - ganz im Sinne des rot-grünen Senats. 2023 gab es aber auch besonders viele tödliche Radunfälle. Was tut der Senat für die Radverkehrssicherheit?

In Hamburg sind 2023 deutlich mehr Radfahrer ums Leben gekommen als in den Jahren zuvor. Verkehrssenator Anjes Tjarks will daher die Sicherheit für den Radverkehr weiter ausbauen. Dazu würden die bestehenden Programme konsequent fortgeführt, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. So müsse man ein Radwegenetz bauen, in dem Radwege nicht aufhörten und stärker von der Straße getrennt seien. 2022 waren nach Angaben seiner Behörde über 60 Prozent der neu gebauten oder sanierten Radwege baulich vom Autoverkehr getrennt. Zudem sagte Tjarks: „Wir werden keine Radstreifen in Mittellage neu planen.“

Nach Angaben der Polizei starben im vergangenen Jahr bis Mitte Dezember neun Radfahrerinnen und Radfahrer bei Unfällen in Hamburg. In den drei Jahren zuvor waren es laut Statistikamt Nord jeweils drei. „Diese Entwicklung macht uns natürlich große Sorgen und ist auch bestürzend“, sagte Tjarks. „Wir müssen zusammen mit der Innenbehörde, die hier federführend ist beim Thema Verkehrssicherheit, Lehren ziehen.“

Es müssten auch die Ursachen der Unfälle untersucht werden. „Weil es keine Eindeutigkeiten gibt in dem Sinne, dass sich der Radverkehr oder auch der Autoverkehr so verändert hat, dass sich das Bild zu den vorangegangenen Jahren jetzt so hätte ändern müssen“, sagte Tjarks.

Die Stadt Hamburg habe ihre eigenen Lkw und Busse bereits mit Abbiegeassistenten ausgestattet. Die anderen Besitzer von Lastkraftwagen und Bussen könne man leider nicht dazu zwingen. „Das wäre aber ein ganz dringender Appell auch noch mal in Richtung Bund und EU“, betonte der Grünen-Politiker.

Nach einer EU-Verordnung ist ein „Totwinkel-Assistent“ seit 2022 für neue Fahrzeugtypen und ab Mitte 2024 für alle neu zugelassenen Lastwagen und Busse ab 3,5 Tonnen verpflichtend. Eine Pflicht zum Nachrüsten älterer Fahrzeuge gibt es nicht.

Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Hamburg fordert verpflichtende Assistenzsysteme für alle Schwerlastfahrzeuge. Tödliche Abbiegeunfälle wären aus seiner Sicht in vielen Fällen durch eine Trennung der unterschiedlichen Verkehrsarten mittels sicherer Infrastruktur vermeidbar, aber auch durch entsprechende Ampelsteuerungen.

Fünf der neun 2023 tödlich verunglückten Radfahrer kamen der Polizei zufolge ums Leben, weil sie von abbiegenden Lastwagen oder einem abbiegenden Bus beziehungsweise Pkw erfasst wurden. „Der Abbiegeunfall ist nicht nur in Hamburg, sondern in allen Städten der klassische Radfahrerunfall“, sagte der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann. Aber auch Grundstücksein- und -ausfahrten, etwa an Tankstellen oder Supermärkten, sowie sich plötzlich öffnende Fahrzeugtüren seien häufige Ursachen für Fahrradunfälle.

Verkehrssicherheit werde in Hamburg immer noch klein geschrieben, kritisierte der ADFC. Verkehrssenator Tjarks betonte: „Wir machen schon sehr viel. Ich glaube, momentan ist es so, dass es keine andere deutsche Stadt gibt, die so viel für den Radverkehr tut.“ Dennoch müsse man feststellen, dass 2023 viel zu viele Menschen im Radverkehr tödlich verunglückt seien. „An dieser Stelle muss man sich immer fragen, was kann man eigentlich tatsächlich besser machen?“