Hamburg (dpa/lno). Vor 30 Jahren war sexualisierte Gewalt gegen Kinder ein absolutes Tabuthema. Das hat sich deutlich verbessert. Die größte Gefahr kommt weiter aus dem sozialen Umfeld der Kinder.

Seit seiner Gründung 1993 hilft der Hamburger Verein Dunkelziffer Kindern und Jugendlichen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. „Vor 30 Jahren war sexualisierte Gewalt gegen Kinder ein absolutes Tabuthema. Das hat sich deutlich verbessert“, sagt Vorstand Vera Falck der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. „Ein Randthema unserer Gesellschaft ist es noch immer. Die jährlich steigenden Zahlen sexualisierter Gewalt machen deutlich, dass Hilfe notwendiger denn je ist.“ So nehme die Herstellung und der Vertrieb von Kinderpornografie seit vielen Jahren dramatisch zu. So wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2022 42.075 Fälle angezeigt, 2021 waren es 39.171 Fälle und 2020 18.761 Fälle.

Rund 75 Prozent der Täter stammen aus dem sozialen Umfeld der Kinder und Jugendlichen. Es sind also Menschen, die die Kinder und Jugendlichen kennen und denen sie vertrauen. Nur rund ein Viertel der Täter seien Fremdtäter. „Die Täter stammen aus allen Gesellschaftsschichten, und das Unvorstellbare: Es gibt zunehmend Täterinnen, die sich bei sexueller Gewalt gegen ihre Kinder nicht nur wegschauend und duldend verhalten, sondern aktiv daran beteiligen“, sagte Falck. Auch Institutionen, in denen sich Kinder aufhalten, wie zum Beispiel Sportvereine, seien Gefahrenorte. „Eine neue große Gefahrenquelle für Kinder und Jugendliche ist das Internet als Tatort. Dazu gehören Cybergrooming und digitaler Missbrauch.“

Betroffene Kinder zu erreichen und zu helfen, ist nach wie vor eine der Hauptaufgaben des Vereins. „Sexuelle Gewalt im frühen Kindesalter ist eine traumatische Erfahrung und kann zu schweren Traumafolgestörungen führen, die das Leben der betroffenen Kinder nachhaltig beeinträchtigen können“, sagte Falck. Frühzeitige Hilfe sei daher sehr wichtig. „Dunkelziffer hilft den Kindern dabei, den erlittenen Vertrauensverlust, die Sprachlosigkeit, die Ohnmacht, Angst und Zweifel zu überwinden.“ Dafür bietet der Verein Kindern und Jugendlichen kostenfreie Therapieplätze durch Psychotherapeutinnen und Musiktherapeutinnen an.

Daneben gibt es bundesweite Beratung, telefonisch oder per E-Mail, im Großraum Hamburg persönlich. Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich ist die Prävention. „Mit unseren Präventionsangeboten erreichen wir jährlich weit über 10.000 Kinder und Jugendliche vom Kindergartenalter bis zu weiterführenden Schulen“, sagte Falck. Mit Fortbildungsangeboten für kindernahe Berufsgruppen erreiche der Verein jährlich rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Am 4. Oktober feiert der Verein, der sich nur durch Spenden und Bußgeldzuweisungen finanziert, sein 30-jähriges Jubiläum mit einem Charity-Event im Hamburger East Hotel, für das es noch Karten gibt. Neben einer Tombola und Live-Cooking-Stationen gibt es Live-Auftritte von Revolverheld und Mitgliedern der Band Fury in the Slaugtherhouse. Der Erlös der Veranstaltung kommt der Arbeit des Vereins zugute.