Hamburg (dpa/lno). In Hamburg soll die Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem Volumen von unter 100.000 Euro in einem vereinfachten Verfahren vergeben werden. Der DGB befürchtet, das Kriterien wie die Tariftreue dabei zu kurz kommen könnten. Rot-Grün widerspricht.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Hamburg fordert die Einhaltung der Tariftreue als Voraussetzung für die Vergabe des Großteils der öffentlichen Aufträge in der Stadt. Aufträge dürften nur an Unternehmen gehen, in denen es „anständige Lohn- und Arbeitsbedingungen gibt“, sagte die Hamburger DGB-Vorsitzende Tanja Chawla am Montag. Hintergrund ist eine Anhörung zur geplanten Änderung des Hamburgischen Vergabegesetzes im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft an diesem Dienstag.

Der Senat hatte im Juni in seinem Entwurf für ein Vorschaltgesetz zur Vergaberechtsnovelle beschlossen, dass im Liefer- oder Dienstleistungsbereich erst ab einem Auftragsvolumen von 100.000 Euro ökologische und soziale Auswahlkriterien herangezogen werden müssen. Unterhalb dieser Schwelle soll zur Entbürokratisierung ein vereinfachtes Beschaffungsverfahren gelten.

„Niemand will die Kolleg*innen in den Behörden mit Bürokratiemonstern überlasten“, sagte Chawla. „Das darf jedoch nicht auf Kosten guter Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten gehen, die öffentliche Aufträge ausführen.“ Die Schwellenwerte für das kommende Tariftreuegesetz müssten deshalb deutlich unter dem liegen, was die jetzige Änderung des Vergabegesetzes vorsieht. „Orientiert an Berlin reden wir hier beispielsweise über einen Auftragswert bei Liefer- und Dienstleistungen von 10.000 Euro und bei Bauaufträgen von 50.000 Euro.“

Da im Bund derzeit ein Tariftreuegesetz in Vorbereitung ist, hatte sich der Senat entschlossen, dieses Verfahren zunächst abzuwarten und die Tariftreue von übrigen Gesetzesvorhaben zu trennen.

Das im Vorschaltgesetz vorgesehene vereinfachte Verfahren für Vergaben unter 100.000 Euro bedeute nicht, „dass soziale oder ökologische Vergabekriterien sowie auch eine zukünftig in das Gesetz aufzunehmende Tariftreueregelung bei Vergaben unterhalb dieses Wertes nicht zur Anwendung kämen“, heißt es in einem am Montag von den rot-grünen Regierungsfraktionen vorgelegten Zusatzantrag.

Zugleich wird darin betont, dass das vereinfachte Verfahren zu deutlichen Entlastungen in den Beschaffungsstellen und Erleichterungen für die Bieter führen werde. „Gerade dadurch kann es der Verwaltung dann möglich sein, erhöhte soziale und ökologische Standards bei den Vergabeverfahren über 100.000 Euro zur Geltung zu bringen.“

In Zukunft können Aufträge unter 100.000 Euro schneller durchgeführt werden, sagte der SPD-Haushaltsexperte Baris Önes. „Und die Bieter:innen können künftig ihre Angebote beispielsweise per E-Mail einreichen oder nur einmal jährlich ihre Eignung unter Beweis stellen.“ Die Anwendung sozialer oder ökologischer Vergabekriterien oder der Tariftreue blieben davon ausdrücklich unberührt.

Der Zusatzantrag beinhalte zudem Regelungen für den Krisenfall, sagte Dennis Paustian-Döscher, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen. Dies sei sinnvoll, „da der Staat gerade in ungewöhnlich harten Krisensituationen in der Beschaffung handlungsfähig bleiben muss“.